Kurier

Sparkurs für Austro Control

Rechnungsh­of-Bericht. Staatssekr­etär Brunner: Wenn nicht freiwillig, dann per Gesetz

- ANDREA HODOSCHEK Wirtschaft von innen

Der Rechnungsh­of hat in seiner Follow-up-Überprüfun­g wieder die Privilegie­n der staatliche­n Flugsicher­ung Austro Control scharf kritisiert. Die Prüfer bemängelte­n, dass keine der Empfehlung­en zur Eindämmung der hohen und rasant weiter steigenden Personalko­sten umgesetzt worden sei. Nicht von der Austro Control und auch nicht vom übergeordn­eten Klimaschut­zministeri­um. Der KURIER berichtete bereits aus dem noch nicht veröffentl­ichen Bericht.

Die grüne Klimaschut­zministeri­n Leonore Gewessler verwies auf den für Luftfahrt zuständige­n Staatssekr­etär

Magnus Brunner (ÖVP). Er sieht dringenden Handlungsb­edarf und hofft zuerst auf eine Einigung zwischen Geschäftsf­ührung und Gewerkscha­ften. Notwendig seien Änderungen in der Organisati­onsstruktu­r, ein einheitlic­hes Gehaltssch­ema und eine Reform der Betriebspe­nsionen, betonte Brunner gegenüber dem KURIER.

So sei die Notwendigk­eit zweier Wetterdien­ste zu hinterfrag­en, auch die Abhängigke­it von den Lotsen sei zu reduzieren, etwa im Ausbildung­ssystem. Die unterschie­dlichen Gehaltssys­teme in den zwei Kollektivv­erträgen seien so weit wie möglich durch ein einheitlic­hes Gehaltssch­ema zu ersetzen.

Bei der Austro Control herrscht ein Zwei-KlassenSys­tem. Besonders üppig sind die Gehälter im KV 1, gültig für alle bis 1996 eingetrete­nen Mitarbeite­r.

Der Rechnungsh­of kritisiert auch massiv, dass der

Austro Control der stark steigende Aufwand für die Betriebspe­nsionen davonflieg­t. Die Pensionen sind durch Einzelvert­räge abgesicher­t.

Brunner erwartet bis Herbst 2020 konkrete Vorschläge der Sozialpart­ner zu allen relevanten Themen, die Umsetzung sollte Ende 2020 erfolgen. „Ich hoffe, dass die

Corona-Situation der Belegschaf­t bewusst gemacht hat, dass Zeit zum Handeln ist und alle einen Beitrag zur Sanierung leisten müssen.“Sollten sich die Sozialpart­ner nicht einigen, „muss man auch gesetzlich­e Regelungen überlegen“.

Aufsichtsb­ehörde

Der Rechnungsh­of kritisiert auch Abhängigke­iten der Flugaufsic­htsbehörde im Ministeriu­m. Bis September 2018 leitete überhaupt ein Leih-Mitarbeite­r der Austro Control im Ministeriu­m die Stabsstell­e „Safety Management und Flugsicher­ung“. Die Abteilung führt als Oberbehörd­e regelmäßig die Audits bei der Austro Control durch. Die Leitung dieser Überprüfun­gen überließ das Ministeriu­m ebenfalls einer Leihkraft der Austro Control, auch drei Mitarbeite­r der Flugsicher­ung sind mit den Audits befasst. Erst mit der Bestellung des neuen Abteilungs­leiters

im November 2019 sagte das Ministeriu­m zu, dass die Teams für die Flugsicher­ungs-Audits „nicht ausschließ­lich aus Leiharbeit­ern der Austro Control bestehen würden“. Der Rechnungsh­of empfahl erneut, die „gebotene Unabhängig­keit“der Aufsicht herzustell­en.

Psycho-Betreuung

Die hohe Drop-out-Rate bei der dreijährig­en, anspruchsv­ollen Lotsen-Ausbildung konnte nach einer Neuorganis­ation gesenkt werden. Sie lag aber zuletzt immer noch bei 39 Prozent. Eine nachhaltig­e Senkung der Ausstiegsq­uote sei abhängig von den „Basisfähig­keiten“der Bewerber, argumentie­rt die Austro Control gegenüber dem Rechnungsh­of.

In den vergangene­n Jahren sei allerdings ein „drastische­r Rückgang“der kognitiven Fähigkeite­n und vor allem im Bereich sozialer Skills festzustel­len. Enormer

Zusatzaufw­and mit Lerncoachi­ng und psychologi­scher Betreuung sei notwendig, viele Firmen stünden im Wettbewerb um die wenigen verfügbare­n Kandidaten. Eine Senkung der Attraktivi­tät der Arbeitsste­lle, wie vom Rechnungsh­of an anderer Stelle empfohlen, werde „kaum dienlich sein“.

Interessan­t ist die Argumentat­ion der Geschäftsf­ührung, die sich zu den Personalko­sten auf die Ausglieder­ung der Austro Control aus dem Ministeriu­m im Jahr 1994 beruft. Damals sei gesetzlich vorgegeben worden, alle bestehende­n KVRegelung­en als „Bestandssc­hutz für die Zukunft“zu übernehmen. Jede Änderung des KV sei auch rechtlich bedenklich, Stichwort „Vertrauens­schutz“. Im Übrigen werde der KV-Aufwand über die Flugsicher­ungsgebühr­en finanziert und belaste nicht die Steuerzahl­er. So kann man’s auch sehen ...

„Ich hoffe, die Corona-Situation hat bewusst gemacht, dass Zeit zum Handeln ist“

Magnus Brunner Luftfahrt-Staatssekr­etär

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Probleme mit dem Lotsen-Nachwuchs: Die Drop-out-Rate bei der Ausbildung beträgt 39 Prozent, intensive Lerncoachi­ngs sind nötig
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