Mehrwertsteuersenkung soll kein Bürokratiemonster werden
Ab Mittwoch in Kraft. Große Preissenkungen nicht zu erwarten Steuersenkung Ab Juli 5.000 Euro Zuschuss pro Pkw
Am Mittwoch tritt die 900 Millionen Euro teure Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie sowie im Kulturund Medienbereich in Kraft. Die entsprechenden Änderungen im Umsatzsteuergesetz werden heute im Parlament beschlossen. Mit Ausnahme der SPÖ stimmten im Ausschuss alle Fraktionen für die Steuersenkung. Die SPÖ begründete ihr Nein damit, dass vor allem große Gastro-Ketten und Konzerne wie Amazon davon profitieren würden, denn auch der Online-Handel (z. B. Bücher) kommt in den Genuss des niedrigeren Steuersatzes. Hauptprofiteur des Steuerzuckerls ist jedoch die Gastronomie, die allein um 700 Mio. Euro entlastet werden soll. Ob und wie die Steuersenkung an die Konsumenten weitergegeben wird, bleibt abzuwarten. Mit großen Preissenkungen bei Schnitzel & Co ist laut Experten nicht zu rechnen, wohl eher mit einem Preisanstieg nach Auslaufen der Regelung mit Jahresende.
Nach Kritik an einem drohenden „Bürokratiemonster“hat das Finanzministerium eingelenkt und eine einfache Umsetzung ohne große technische Umrüstungen versprochen. So reicht es der Finanz, wenn Wirte den ermäßigten Steuersatz von 5 Prozent etwa händisch durch eine entsprechende Text-Anmerkung oder einen Stempel am Beleg anführen. „Es gibt für die Gastronomen keinen Grund, in Panik zu verfallen“, sagt Markus Knasmüller, Geschäftsführer vom BMD Systemhaus. Die meisten am Markt befindlichen Kassensysteme sollten ohne Programmänderungen funktionieren. Jedes Unternehmen könne selbst definieren, welchem bisherigen Steuersatz der neue 5-Prozent-Steuersatz zugeordnet werde.
Befristung
Der 5-Prozent-Satz gilt befristet vom 1. Juli bis 31. Dezember auf Speisen und Getränke in Gastrobetrieben, beim Heurigen, in Buschenschanken, Schutzhütten und Hotels. Normal werden Lebensmittel und Getränke mit 10 bzw. 20 Prozent besteuert.
Neuerung
Für Fleischer, Bäcker und Konditoren gilt die Senkung anders als geplant nun doch, wenn sie Speisen und Getränke verabreichen.
„Braucht man beispielsweise den 19-Prozent-Satz nicht, dann kann man diesen nehmen. In der Gastronomie, in der es dann den 10Prozent-Satz ja gar nicht mehr gibt, kann dieser als neuer 5-Prozent-Satz herangezogen werden. Es ist alles erlaubt, solange es definiert ist“, erläutert Knasmüller.
Was betroffen ist
Im Medien- und Kulturbetrieb gilt die Steuersenkung für Bücher, Broschüren, Bilderund Malbücher, Noten und kartografische Erzeugnisse aller Art. Umsätze aus der Tätigkeit als Künstler, Theater- und Musikveranstaltungen sowie Filmvorführungen
und der Museenbetrieb sind ebenfalls inkludiert. Weiters gilt der ermäßigte Steuersatz für botanische Gärten, Zoos und Naturparks sowie für die Einfuhr von Kunstgegenständen wie Gemälden, Tapisserien oder Originalerzeugnissen der Bildhauerkunst und Fotografien.
Mit einem Einspruch der EU ist übrigens nicht zu rechnen, weil die Steuersenkung eine Corona-Hilfsmaßnahme ist und die EU-Kommission hier den Mitgliedsländern freie Hand lässt. Auch bei Steuersatzsenkungen, die inzwischen von mehreren Ländern, etwa Italien, in Angriff genommen werden.
Klimaschutz. Von den mehr als fünf Millionen Pkw in Österreich fahren nur 0,7 Prozent ausschließlich mit Strom. Die Regierung möchte nun mit der Erhöhung der Kaufprämien für Elektrofahrzeuge gegensteuern. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, haben am Montag die neue E-Mobilitätsförderung vorgestellt. Der Kauf eines neuen ElektroPkw wird ab 1. Juli mit 5.000 statt wie bisher mit 3.000 Euro gefördert. Die Importeure tragen davon 2.000 Euro, den Rest zahlt der Bund. Erhöht werden auch die Zuschüsse für elektrisch angetriebene Mopeds, Motorräder und Lastenfahrräder.
„Gemeinsam schaffen wir die Energiewende“, freute sich Gewessler über den Schulterschluss mit der Industrie. Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel sei dafür zentral, aber insbesondere am Land „wird das Auto eine Komponente im Mobilitätsverhalten bleiben“. Heuer stehen 63,5 Millionen Euro zur Verfügung, davon entfallen 44 Millionen auf den Bund, den Rest stemmen die Importeure. Um die E-Mobilität attraktiver zu machen, soll zusätzlich das Netz der Ladestationen ausgebaut werden. Hier wurden die Zuschüsse verdreifacht, auf 600 Euro für einen privaten Anschluss und 1.800 Euro in Mehrparteienhäusern. Die Kosten dafür trägt der Bund alleine. Gewessler betonte die konjunkturelle Wirksamkeit der Maßnahme: „Wir wollen am Weg aus der Corona-Krise in die Zukunft investieren. Genau das schaffen wir mit der Offensive für E-Mobilität.“Kerle sieht in der Förderung hingegen keine Corona-Hilfsmaßnahme und wünscht sich Unterstützung für die Branche, auch mit Verweis auf 315.000 Arbeitsplätze.
Anträge auf die Förderung können bis Ende des Jahres gestellt werden, sofern die Mittel nicht vorher aufgebraucht sind. Eine Voraussetzung ist allerdings der Bezug von Ökostrom. Steuerliche Anreize wie der Erlass von NoVA und motorbezogener Versicherungssteuer bleiben bestehen. Wer heuer ein Elektroauto gekauft, aber noch nicht ausgeliefert bekommen hat, erhält die erhöhte Prämie ebenfalls.
Kritik
ÖAMTC und Verkehrsclub Österreich (VCÖ) begrüßen die Maßnahme grundsätzlich, äußerten in ersten Reaktionen aber auch Kritik. Der ÖAMTC bemängelt intransparente Ladetarife. Bei der Installation von Ladestationen in Mehrparteienhäusern sieht der Club ein rechtliches Problem. Derzeit könne die Errichtung von einem einzelnen Wohnungseigentümer verhindert werden. Der VCÖ sieht in der Förderung „in erster Linie eine Maßnahme zur Unterstützung der Autoindustrie. Vor allem die Förderung für Plug-inHybride“mit 2.500 Euro pro Fahrzeug mache „aus Umweltsicht keinen Sinn“.