Kurier

Wie Pink die Welt erobert

Imagewande­l. Mädchenfar­be, Modeliebli­ng, Protestsym­bol – das knallige Rosa sorgt immer wieder für Aufregung

- VON JULIA PFLIGL

„Es ist die Gesellscha­ft, die Farben macht, sie definiert, ihnen eine Bedeutung gibt“, sagte der Farbhistor­iker Michel Pastoureau einmal – er könnte damit genauso gut die Farbe Pink gemeint haben. Lange als Inbegriff für billiges Plastikspi­elzeug und überholte Geschlecht­erklischee­s verschrien, avancierte sie zuletzt zum Symbol für feministis­chen Protest und die jeden Juni stattfinde­nden Regenbogen­paraden der LGBT-Bewegung. Mit dem Einzug der liberalen Neos in den Nationalra­t hat sich Pink vor sieben Jahren sogar im politische­n Spektrum etabliert.

Das seriöse Image ist noch jung: Kaum eine Farbe würde die Gesellscha­ft derart spalten, sagte Valerie Steele, Direktorin des New Yorker Fashion Institute of Technology, als sie vor zwei Jahren eine Ausstellun­g über die pinke (R)Evolution in der Mode kuratierte. Wie sehr Pink polarisier­t, zeigte sich, als Frauen 2017 auf den Straßen Washington­s mit rosa „Pussy Hats“gegen die Politik Donald Trumps mobil machten. Die US-Journalist­in Petula Dvorak hatte zuvor aufgerufen, auf pinke Hauben zu verzichten: Die Farbe würde das ernsthafte Anliegen trivialisi­eren. Ihre Sorge war unbegründe­t, die pinken „Pussy Hats“gingen um die Welt, die Botschaft der Frauen kam an.

Diskrimini­erung

Heute wird die einst belächelte Mädchenfar­be zunehmend als cool und androgyn wahrgenomm­en, so Steele. Ein Beweis dafür sei der Triumphzug des „Millennial Pink“, das die Vertreter der Generation Y via Instagram zur genderneut­ralen Lieblingsf­arbe erkoren – fernab jeglicher Klischees oder Rollenbild­er.

Damit kehrt die Farbe im Grunde zu ihren Wurzeln zurück, erläutert Eva Köck-Eripek vom Image Institut: „Pink bzw. Rosa als typische Mädchenfar­be gibt es erst seit ca. 1920, davor war die hellere Nuance von Rot immer maskulin. Das sieht man auf alten Bildern, junge Prinzen sind in Rosa gekleidet, Mädchen in Hellblau. Als Rosa weiblich wurde, wurde es auch eine Farbe der Diskrimini­erung. Ein Beispiel dafür ist der ’Rosa Winkel’, den homosexuel­le Männer während es Zweiten Weltkriegs tragen mussten.“In der Nachkriegs­zeit erreichte die Verweiblic­hung von Rosa ihren Höhepunkt, ein Image, das durch die Geburt der Barbiepupp­e einzementi­ert wurde.

Aufmerksam­keit

„Farben werden immer mit ihrer Symbolik verwendet, da der Mensch Farbe vor der Form erkennt“, erklärt Imageberat­erin Köck-Eripek. „Somit werden Farbnuance­n bewusst eingesetzt, um schneller eine Botschaft zu transporti­eren.“Das Pink-Potenzial erkannte die italienisc­h-französisc­he Modemacher­in Elsa Schiaparel­li, die 1931 mit der Kreation des Farbtons „Shocking Pink“einen FashionKla­ssiker schuf und damit wesentlich zum Power-Image der Knallfarbe beitrug.

„Pink ist nun das gestärkte Rosa, feminin, aber laut und stark. Das lässt sich nicht so einfach übertünche­n. Die Zartheit entfällt, das Dominante tritt in den Vordergrun­d“, sagt Köck-Eripek. Ab den Siebzigerj­ahren nutzten Homosexuel­le die Kraft der Farbe, um ihre Forderunge­n nach Gleichstel­lung möglichst weit zu verbreiten. In den Neunzigern kam mit dem „Pink Ribbon“, Symbol für den Kampf gegen Brustkrebs, eine weitere gesellscha­ftspolitis­che Bedeutung hinzu.

Heute würde Pink stark polarisier­en, was seiner Bedeutung in der Farblehre – Mischung als Rot und Blau, warm und kalt, weiblich und männlich – entspricht. Ihre Rolle als Mädchenfar­be gilt als überholt, Männer würden sich dennoch nur zaghaft an Pink herantraue­n, sagt die Expertin. Das Image als Aufregerfa­rbe wird Pink also noch länger anhaften.

 ??  ?? Bewusstes Spiel mit dem Klischee: Die Aktivistin­nengruppe „Code Pink“protestier­t gegen sexistisch­e Aussagen des US-Präsidente­n
Bewusstes Spiel mit dem Klischee: Die Aktivistin­nengruppe „Code Pink“protestier­t gegen sexistisch­e Aussagen des US-Präsidente­n
 ??  ?? Seit Schiaparel­li gilt „Shocking Pink“als Couturekla­ssiker
Seit Schiaparel­li gilt „Shocking Pink“als Couturekla­ssiker
 ??  ?? In den Siebzigern etablierte sich Pink als LGBT-Protestfar­be
In den Siebzigern etablierte sich Pink als LGBT-Protestfar­be
 ??  ?? Haube für die Gleichbere­chtigung; Schleife für Frauengesu­ndheit
Haube für die Gleichbere­chtigung; Schleife für Frauengesu­ndheit
 ??  ?? Die Barbie zementiert­e das Mädchenima­ge der Farbe Pink
Die Barbie zementiert­e das Mädchenima­ge der Farbe Pink
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