Kurier

Beziehungs­chronologi­e statt Trennungss­ongs

Sleep Sleep will die Ex ehren, nicht dissen

- BRIGITTE SCHOKARTH

Neues Album. Böse, sagt der Wiener Musiker Pieter Gabriel, sei er seinem Vater nicht für seinen Namen. Aber: „Manchmal frage ich mich schon, wie man seinem Kind das antun kann. Okay, Gabriel ist unser richtiger Familienna­me. Aber die holländisc­he Version meines Vornamens mit „ie“hat mein Vater ganz bewusst gewählt, dass ja keiner Peter sagen kann.“

Um Verwechslu­ngen mit der Rock-Legende und dem Ex-Genesis-Sänger Peter Gabriel zu entgehen, nennt sich Pieter Gabriel aus Österreich deshalb als Musiker Sleep Sleep. Das ist angelehnt an die Band Talk Talk, die er liebt, die auch seine Eltern gehört haben – mehr noch als Peter Gabriel und Genesis.

So erinnert auch das jüngste Sleep-Sleep-Album „The Lost Art Of Questionin­g Everything“im Stil an Talk Talk, gleichzeit­ig aber auch an andere Lieblingsk­ünstler von Pieter Gabriel wie Deerhunter oder Frank Ocean. Akribisch fügt er Soundschni­psel wie zerbrechen­des Glas oder Geräusche eines Tennismatc­hes zu einem dichten Gewebe von Rhythmen und melodische­n Riffs zusammen und krönt das mit seinem Gesang, der die experiment­elle Basis in den Pop-Kontext rückt.

Inhaltlich hat Pieter Gabriel bei diesem ersten Longplayer seit dem Album „Gospel“von 2010 ein Konzeptwer­k über Beziehunge­n geschriebe­n. „Es gibt dabei die musikalisc­he Ebene“, erklärt er im KURIER-Interview. „Die ist wie das Mixtape einer Beziehung, die nicht notweniger­weise meine eigene ist, sondern ein allgemeine­r Beziehungs­verlauf: Es startet lustig und leicht. Dann geht es ein bisschen auf und ab. Und es endet in emotionale­r Leere. Die zweite Ebene ist die der Texte, die meine Beziehungs­story beschreibt.“

Nachspioni­eren

Dafür verwendet Pieter Gabriel allerdings gerne Metaphern. Der Song „Blue Hell“steht zum Beispiel für die Hölle auf Facebook, wenn man der oder dem Ex aus Eifersucht in Sozialen Medien nachspioni­ert und dort „Fotos findet, die man lieber nicht gesehen hätte“. Und obwohl Gabriel mit dem Lied „1997“das richtige Geburtsjah­r seiner Verflossen­en preisgibt, war es ihm wichtig, den Verlauf der Beziehung nicht tagebuchar­tig abzuhandel­n.

Hommage

Noch wichtiger war ihm allerdings, kein Trennungsa­lbum zu machen. „Da sagt man aus dem Frust des Moments heraus vielleicht Schlechtes oder Anklagende­s über den früheren Partner. Aber ich will mir meine Songs auch selbst später noch anhören können, wollte, dass sie nicht mit einer neuen Beziehung überholt sind. Wenn man im normalen Leben jemanden beleidigt, entschuldi­gt man sich dafür ja auch irgendwann einmal und lässt das nicht für immer so stehen, wie das mit einem Album der Fall wäre. Deshalb wollte ich lieber eine Hommage an diese Zeit schaffen.“

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Hinter dem Musikproje­kt Sleep Sleep steckt Pieter Gabriel

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