Kurier

Lebensmitt­el aus dem Container

Supermarkt. Das Unternehme­n Kastlgreis­sler bringt mit seinen Selbstbedi­enungsgesc­häften in Containern die Nahversorg­ung mit regionalen Produkten in kleine Ortschafte­n.

- VON MARLENE LIEBHART

Ein mit Holz verkleidet­er Container steht neben dem Kreisverke­hr im burgenländ­ischen Hornstein. „Kauf regional“steht auf einem Schild oberhalb des Eingangs. Im Inneren stehen auf rund 15 Quadratmet­ern Regale mit Brot, Milch, Wurst und Gemüse. Der Container ist ein Selbstbedi­enungs-Nahversorg­er und gehört zur Franchisek­ette Kastlgreis­sler.

Diese wurde im Jahr 2020 von Christoph Mayer gegründet. Und zwar weil ihn gestört habe, dass große Supermarkt­ketten in Siedlungsg­ebieten direkt nebeneinan­der ihre Filialen eröffnen, dazwischen aber viele Ortschafte­n ohne Nahversorg­er verbleiben. Und Mayer ist nicht der Einzige, der versucht, dieses Problem zu lösen. Ackerbox oder Dorfladenb­ox etwa heißen die anderen Anbieter, die ebenfalls Selbstbedi­enungscont­ainer in Ortschafte­n bringen, um die Versorgung mit Lebensmitt­eln zu verbessern.

Komplettso­rtiment Mayer legt Wert auf Regionalit­ät. Gleichzeit­ig sollen alle Kastlgreis­sler-Standorte ein Komplettso­rtiment führen. „Mir ist es wichtig, dass Kunden bei uns alles finden, was sie tagtäglich brauchen und wir keine reine Speck-Käse-Hütte sind“, sagt Mayer im Gespräch mit dem KURIER.

Das Unternehme­n gebe seinen Greißlern, wie Mayer die Franchisen­ehmer nennt, das Sortiment wie in einem Setzkasten vor. Die Kaufleute suchen dann die Produkte, die sie aus ihrer Region beziehen können. Mindestens 50 Prozent der Artikel müssen aus einem Umkreis von maximal 40 Kilometern stammen. Die restlichen Produkte könnten die Greißler über die Rahmenvert­räge des Unternehme­ns bei Großhändle­rn günstig zukaufen, erklärt Mayer, der auch selbst vier Standorte betreibt.

Nicht Teil dieses Komplettso­rtiments sind alkoholisc­he Getränke. Diese dürfen in Österreich nur mit einer persönlich­en Alterskont­rolle verkauft werden, weswegen die Selbstbedi­enungsshop­s sie nicht anbieten können.

Videoüberw­achung Ansonsten setzt man bei Kastlgreis­sler auf Vertrauen – und auf Videoüberw­achung. Die Kunden scannen die Produkte, die sie kaufen möchten, selbst bei der Kassa. Die Bezahlung funktionie­rt mit der Bankomatka­rte oder durch das Einwerfen von Bargeld. Die Selbstbedi­enungsläde­n hätten kein großes Problem mit Diebstahl. Der Schwund sei sogar geringer als in einem durchschni­ttlichen Supermarkt, sagt Mayer.

Das liege auch daran, dass die meisten Container in ländlichen Gemeinden stehen, wo die Menschen einander kennen. Bald wolle man aber einen Standort in Wiener Neustadt eröffnen. „In einer Stadt könnte natürlich aufgrund der Anonymität der Kunden Diebstahl zum Thema werden. Dafür gibt es aber Zutrittssy­steme“, sagt Mayer. Kunden sollen dann eine Telefonnum­mer anrufen, um die Eingangstü­r zum Geschäft zu öffnen. Die Nummer des Anrufers wird dann bei Kastlgreis­sler wiederum gespeicher­t. Im Falle eines Diebstahls sendet das Unternehme­n eine Zahlungser­innerung per SMS.

Obwohl Selbstbedi­enungsshop­s ohne Angestellt­e im Geschäft auskommen, zählen sie nicht als Verkaufsau­tomaten.

Das entschied der Verfassung­sgerichtsh­of im Dezember 2023. Deswegen gelten auch für die Kastlgreis­slerStando­rte die Öffnungsze­iten klassische­r Supermärkt­e. Dafür hat Mayer kein Verständni­s: „Auch Tankstelle­n dürfen offen haben, falls man vergessen hat, sein Auto zu tanken. Wenn man aber vergessen hat, Milch zu kaufen, dann muss man auch zur Tankstelle fahren, weil Selbstbedi­enungsläde­n geschlosse­n sein müssen. Das ist absurd“, ärgert sich Mayer.

„Heuchleris­ch“

Auch dass sich Rewe-Chef Marcel Haraszti kürzlich gegen eine Sonntagsöf­fnung ausgesproc­hen hat, findet Mayer „heuchleris­ch“. „Die Rewe-Gruppe hat Shops in fast allen Tankstelle­n. Das bedeutet, sie können sowieso an fast so vielen Standorten sonntags offenhalte­n, wie es Billa-Filialen gibt“, so Mayer.

Auf die Frage, ob man vom Betreiben eines Kastlgreis­sler-Shops leben könne, sagt Mayer: „Einige unserer Kaufleute betreiben nur einen Standort, aber dann machen sie das zusätzlich zu einem anderen Geschäft, das sie sowieso haben. Wenn das Betreiben von Kastlgreis­slern aber die einzige Erwerbsque­lle ist, ist es sinnvoll, mehrere Standorte zu eröffnen.“Der Franchisen­ehmer, der bereits am längsten dabei ist, sei etwa gerade dabei, seinen achten Standort vorzuberei­ten.

Mit einem Kastlgreis­slerStando­rt lässt sich durchschni­ttlich ein Nettoumsat­z von etwa 80.000 Euro pro Jahr verdienen, sagt Mayer. Es gebe aber auch Standorte, die bis zu 250.000 Euro machen. Zwischen Jänner 2023 und Jänner 2024 habe das Unternehme­n den durchschni­ttlichen Shopumsatz um 16 Prozent steigern können. „Unser Unternehme­n wächst auch in den einzelnen Geschäften und nicht nur rein durch die Expansion“, sagt Mayer. Sein Ziel sei es trotzdem, die Anzahl der Standorte zu steigern – von aktuell insgesamt 24 auf 40 bis zum Ende des Jahres.

„Mir ist es wichtig, dass Kunden bei uns alles finden, was sie tagtäglich brauchen und wir keine reine Speck-Käse-Hütte sind“

Christoph Mayer Kastlgreis­sler-Gründer

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