„ICH BIN GANZ KLAR GEGEN NEUE STEUERN!“
Magnus Brunner, Bundesminister für Finanzen, spricht über das große Entlastungspaket, die Abschaffung der kalten Progression und eine Befreiung von Wertpapieren von der Kapitalertragsteuer.
» Finanzminister Magnus Brunner präsentierte erst vor wenigen Wochen das Budget für das nächste Jahr. Das bringt auf der einen Seite einige Entlastungen. Darüber hinaus zeichnen sich in manchen Bereichen, wie etwa bei den Pensionen, Reformen ab.
Die letzten Jahre waren für die Österreicher eine Herausforderung: Pandemie, Krieg in der Ukraine und damit eine Energiekrise, eine zweistellige Inflation – müssen wir uns nicht sorgen, dass viele Österreicher in die Armut abrutschen? Magnus Brunner: Ein Fokus der Bundesregierung ist es, die Menschen finanziell zu entlasten und den Wohlstand im Land abzusichern. Daher gibt der Bund den Menschen über Ant i-T euerungsmaßn ahmen und dauerhafte Entlastungen wie die abgeschaffte kalte Progression und dievalorisierten Familien-und Sozialleistungen mehr zurück als er einnimmt. Die Maßnahmen, die wir gesetzt haben, sind nicht nur intensiv, sondern auch treffsicher, wie Analysen zeigen. Laut OECD investierte Österreich in den Jahren 2022 und 2023 rund fünf Prozent des BIP für die Entlastung der Privathaushalte sowie Unternehmen. Damit liegen wir auf Platz 3 aller OECD-Länder. Und Österreich liegt auch beider Treffsicherheit überdurchschnittlich gut. Das Volumen der treffsicheren Maßnahmen beträgt fast zwei Prozent des BIP und entspricht damit 40 Prozent der Hilfen. Auch heimische Analysen zeigen, dass Österreich vor allem jenen hilft, die die Hilfe gegen die Teuerung am meisten brauchen. So bestätigt der Budgetdienst, dass wir die unteren Einkommensbereiche am stärksten entlasten.
Hat das „Helikopter-Geld“, wie es manche Wirtschaftsexperten nennen, nicht auch die Inflation zusätzlich befeuert? Die Abwägung von Treffsicherheit und Schnelligkeit ist immer herausfordernd.AktuellbestätigtunsdieOesterreichischeNationalbank,dassvorallem der Mietpreisdeckel und die Gebührenbremse inflationsdämpfend wirken. Die Kombination der Maßnahmen hat insgesamt bei Kosten von 200 Millionen Euro bis 2024 einen inflationsdämpfenden Effekt von rund 0,4 Prozentpunkten.
Wann, glauben Sie, wird sich die Inflation wieder auf ein vernünftiges Maß einpendeln?
Die Expertinnen und Experten sind da noch nicht ganz sicher. Optimistisch stimmt uns der Rückgang der Inflation auf den niedrigsten Wert seit Beginn des Kriegs in der Ukraine. Der positive Trend setzt sich fort und ich bin zuversichtlich, dass sich die Teuerung in den nächsten Monaten weiter entspannen wird. Mit sechs Prozent ist die Inflation aktuell nicht nur auf Vorkriegsniveau, sondern hat sich seit Jänner dieses Jahres fast halbiert. Für nächstes Jahr sind vier Prozent prognostiziert.
Laut OECD investierte Österreich in den Jahren 2022 und 2023 rund fünf Prozent des BIP für die Entlastung der Privathaushalte sowie Unternehmen. Damit liegen wir auf Platz 3 aller OECD-Länder.
Mit 1. Jänner 2023 wurde die kalte Progression zur Gänze abgeschafft. Wie viel Geld wird das den Bürgern schon ab 2023 bringen?
Für 2024 habe ich zwei konkrete Beispiele: Ein Angestellter ist in einer Stahlfabrik im Schichtbetrieb beschäftigt und arbeitet pro Monat zusätzlich 20 Überstunden. Der Angestellte erhält ein monatliches Bruttogehalt von rund 3.660 Euro – er wird »
Finanzminister Magnus Brunner will jene entlasten, die mehr arbeiten wollen. Leistung soll sich wieder lohnen
kommendes Jahr nur durch die Abschaffung der kalten Progression um mehr als 1.208 Euro entlastet. Eine alleinerziehende Angestellte mit zwei Kindern und einem Bruttogehalt von 1.650 Euro entlasten wir um mehr als 700 Euro. Mit allen Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung sowie den Hilfen gegen Kinderarmut sind es sogar mehr als 3.000 Euro pro Jahr. Was sich jeder bereits heuer erspart, kann auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen (www.bmf.gv.at/ entlastungsrechner) jeder und jede selbst herausfinden.
Auch die Besteuerung von Überstunden und Mehrleistung kommt noch aus einer Zeit, als es weniger Jobs als Arbeitskräfte gab. Heute ist das Gegenteil der Fall. Müssen wir hier die Themen Steuer und Sozialversicherung nicht neu denken? Deswegen haben wir auch hier Maßnahmen gesetzt: Wir entlasten jene, die Überstunden leisten. Davon profitieren sowohl Gering- als auch Besserverdiener. Derzeit sind pro Monat zehn Überstunden im Ausmaß von höchstens 50 Prozent des Grundlohnes steuerfrei. Insgesamt sind jedoch höchstens 86 Euro monatlich steuerfrei. Nun erhöhen wir für die Dauer von zwei Jahren die Anzahl an begünstigten Überstunden auf 18 und den monatlichen Freibetrag auf 200 Euro. Das ist gerade in der aktuellen Situation des Fachkräftemangels sinnvoll: Wir unterstützen jene, die mehr arbeiten wollen. Denn Leistung muss sich lohnen.
Ich möchte noch in dieser Legislaturperiode die Befreiung von Wertpapieren von der KESt bei gleichzeitiger Wiedereinführung einer Behaltefrist. Dazu laufen die Gespräche mit dem Koalitionspartner.
Die letzten Jahre haben wir als Staat sehr viel ausgegeben. Aber können wir uns das als Staat wirklich leisten? Nach intensiven Verhandlungen ist es gelungen, ein Budget zu schnüren, das eine starke Wirtschaft und Wohlstand für unsere Kinder garantiert. Damit gehen wir mit Optimismus in die Zukunft. Und auch wenn es aktuell unseriös wäre, über ein Nulldefizit zu sprechen: Man ruiniert kein Budget in Krisen, sondern wenn man in guten Zeiten nicht auf stabile Budgets achtet.
Ist das von Ihnen präsentierte Budget 2024 wirklich ein Zukunftsbudget? Dieses Budget macht Österreich zukunftsfit. Wir entlasten die Menschen und sichern den Wohlstand in unserem Land. Und wir setzen bewusst Zukunftsinvestitionen:
Kinderbetreuung, Wissenschaft und Forschung, Transformation unserer Wirtschaft, Mikroelektronik und Sicherheit. Damit investieren wir mit diesem Budget so stark in die Zukunft wie noch nie. Rund die Hälfte der zusätzlichen Mehrauszahlungen, mehr als 20 Mrd. Euro, sind Zukunftsausgaben. Dennoch schaffen wir es, die Drei-ProzentMaastricht-Grenze einzuhalten.
In der Vergangenheit folgte auf solche Phasen der großen staatlichen Investitionen meist ein rigides Sparpaket. Wann wir dein solcher Schritt notwendig werden?
Nein–wir reden von Schwerpunkt setzungen. In den letzten Jahren sind trotz Krisen alle Ressortbudgets gestiegen. Jedes Ressort muss aber für sich überlegen, in welchen Bereichen Investitionen dringend notwendig sind. Daher mein klares Ziel: Alle Bereiche müssen Schwerpunkte setzen.
Aus der Opposition kommt immer wieder die Forderung nach einer Vermögensund Erbschaftssteuer. Würde diese so viel bringen wie immer wieder prognostiziert?
Österreich hat ganz sicher eines nicht, nämlich zu wenige oder zu niedrige Steuern. Es hilft den Vielen nicht, wenn man Wenigen etwas wegnimmt. Daher bin ich ganz klar gegen neue Steuern! Weil wir die Menschen entlasten, nicht belasten möchten. Solche Steuern sanieren kein Budget, schaffen keine neuen Arbeitsplätze und erhöhen nicht den Wohlstand der Menschen.
Angesichts der Umkehrung der Bevölkerungspyramide überaltert die Bevölkerung. Macht das nicht eine Pensionsreform notwendig?
Die Pensionsausgaben steigen. Wir müssen daher Anreize schaffen, damit Menschen freiwillig länger im Arbeitsprozess bleiben. Das tun wir bereits und bei den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung gibt es weitere Vorhaben dazu.
Inder Regierungs erklärung derÖVPGrünenwur de eine Befreiung derKE St für nachhaltige Anlageprodukte festgelegt. Nun wird nächstes Jahr wieder gewählt. Wird das Thema noch in dieser Regierung spe rio de angegangen oder ist das Thema bereits vom Tisch?
Ich möchte noch in dieser Legislaturperiode die Befreiung von Wertpapieren von derKEStb ei gleichzeitiger Wiedereinführung einer Behaltefrist. Dazu laufen immer wieder Gespräche mit dem Koalitionspartner. Es geht darum, dass sich Ältere und Jüngere etwas schaffen können. Denn es geht um Anreize für langfristige Investments! Für mich ist das ein extrem wichtiges Thema, damit private Vorsorge in der Breite der Gesellschaft ankommt. Es geht eben nicht um die Spekulanten, sondernu meine Attraktivierungd es Kapitalmarktes für die breite Bevölkerung. Das Thema ist wichtig, da es die persönliche Vorsorge stärkt und Spekulation verhindert.
– STEPHAN SCOPPETTA