Positiv bleiben, Korrektur nicht ausgeschlossen
» 2023 war für Investoren ein bisher gutes Jahr. Der breite MSCI World Index hat im Juli und auch noch im September neue Höchststände erreicht. Auch Anleihen haben wieder ihre Berechtigung, Renditen im Bereich von 5 % sind mit einem gemischten Portfolio möglich. Getrübt wird das Bild weiterhin durch Unsicherheiten beim Zinsausblick und bei den Aktien vor allem dadurch, dass die gute Performance von einigen wenigen großen Tech-Titeln getragen wurde. Die Angst vor einer Rezession hat sich bislang als unbegründet herausgestellt, völlig ausgeschlossen werden kann sie aber nicht. Die geopolitische Lage hat sich mit dem Wiederaufflammen des Konflikts im Nahen Osten weiter destabilisiert. Dazu kommt, dass nächstes Jahr in den USA Präsidentschaftswahlen stattfinden. Ein möglicher Präsident Trump würde in geopolitischer Hinsicht nicht gerade deeskalierend wirken.
Die Inflation ist zwar tendenziell auf dem Rückzug, der steigende Ölpreis hat zuletzt aber wieder zu höheren Teuerungsraten geführt. Der Angriff auf Israel könnte diese Tendenz verschärfen, je nachdem wie sich der Konflikt entwickelt. Im Basisszenario für 2024 gehen wir von einem Rückgang der Inflation auf bis zu 3 % in den USA und Europa aus, die Zinsen werden aber weiter hoch bleiben. Erste Senkungen sind nicht vor dem Sommer 2024 zu erwarten. Diese Erkenntnis hat sich im Markt mittlerweile durchgesetzt und zu erhöhter Volatilität geführt. Den Aktien setzt nicht nur die Diskontierung der zu erwartenden Gewinne zu, sondern auch die Tatsache, dass man mit (vermeintlich) risikolosen Anleihen mittlerweile wieder Erträge erwirtschaften kann. Für die Volkswirtschaften der USA und der Eurozone erwartet der IWF (Internationaler Währungsfonds) ein Wachstum von 1 % bzw. 1,5 % – das ist nicht berauschend, aber es ist auch keine Rezession.
An den Kapitalmärkten schwankt die Stimmung derzeit zwischen „Fortsetzung des Bullenmarktes“und „Die nächste Korrektur steht bevor“. In der Tat hat sich der Ausblick für 2024 etwas eingetrübt, die Gewinnerwartungen für das nächste Jahr wurden von den Analysten etwas zurückgenommen – das ist kein gutes Zeichen. Andererseits geht man immer noch von fast 10 % Gewinnwachstum aus, das würde für ein Weiterlaufen des Bullenmarktes sprechen. Auch die größere Breite des bisher von wenigen Unternehmen getragenen Kurswachstums ist positiv zu bewerten. Wir schließen kurzfristige Rücksetzer in diesem Jahr nicht aus, sind aber für 2024 insgesamt positiv. Anleihen im Portfolio sollten in einem Umfeld wie diesem jedenfalls beigemischt werden, wir bevorzugen dabei noch immer kürzere Laufzeiten und jene aus den USA. Aktienseitig sind US-Titel schon recht hoch bewertet, Europa scheint auf der Stelle zu treten. Kanada und Japan haben wir derzeit übergewichtet. Sektorenseitig könnten Basiskonsumgüter und Finanztitel erfolgversprechend sein. «
„Die Angst vor einer Rezession hat sich bislang als unbegründet herausgestellt, völlig ausgeschlossen werden kann sie aber nicht.“
Harald P. Holzer, Vorstand Kathrein Privatbank