DAS COMEBACK DER ANLEIHEN
Lange Jahre galten Anleihen als uninteressant. Doch der Wind hat sich komplett gedreht, Käufer bekommen wieder attraktive Renditen.
» Die gute Nachricht: Mit Anleihen kann man wieder gutes Geld verdienen. So bekommt man zum Beispiel für solide Euro-Unternehmensanleihen im Schnitt 4,3 Prozent Rendite. Im Dollarraum liegt das Zinsniveau noch deutlich höher: Bei solider Bonität bekommt man mit Firmenanleihen in den USA 6,2 Prozent geboten, mit schlechter Bonität sogar 9,4 Prozent (siehe Grafik). Wolfgang Zemanek, Anleihechef der Erste Asset Management: „Das zeigt der aktuelle Rendite-Radar unserer Fonds. Die jeweiligen Werte entsprechen den durchschnittlichen Renditen der Papiere in konkreten Produkten.“Bei den EuroUnternehmensanleihen ist dies der Erste Responsible Bond Euro Corporate (ISIN AT0000A0PHJ4). Zemanek: „Solide Euro-Unternehmensanleihen gefallen uns derzeit sehr gut. Unser zweiter Favorit sind Staatsanleihen der Eurozone.“
RISIKO UND ZINSEN. Die Anleihesegmente mit besonders hohen Zinsen sind naturgemäß mit entsprechenden Risiken verbunden. Das fängt bei Fremdwährungsrisiken im Dollar an und reicht bis zur deutlichen höheren Ausfallwahrscheinlichkeit bei Hochzins anleihen, auch unter dem Namen High Yield bekannt. Hier muss man da mitrechnen, dass die eine oder andere Unternehmens pleite den Ertrag verringert. Deshalb sollten solche spekulativen Papiere auch nur mit großer Vorsicht gekauft werden und wenn, dann primär via Fonds. Erstens sorgt hier die Streuung dafür, dass das Risiko verteilt wird und außerdem beobachten Fondsmanager, ob drohende Gewitterwolken aufziehen.
Wie hoch der Gesamtertrag eines Anleihedepots ist, hängt ganz wesentlich von der Kursentwicklung ab. Eine entscheidende Rolle spielte in den vergangenen zwei Jahren die Zinsentwicklung: Bei steigenden Zinsen fallen die Kurse von älteren, schlechter verzinsten Papieren. Das macht sich vor allem bei länger laufenden Anleihen unangenehm bemerkbar, weil hier der Zinsnachteil wirkt. Ein extremes Beispiel ist die mit 0,7 Prozent verzinste österreichische Bundesanleihe mit Laufzeit bis zum Jahr 2071, deren Kurs um 64 Prozent gefallen ist. Als Faustregel gilt: Steigen die Zinsen um ein Prozent, dann fällt der Kurs um so viele Prozent wie die Zahl der Jahre bis zur Tilgung: Bei fünf Jahren Restlaufzeitalso ungefähr um fünf Prozent. Zum Glück gilt auch das Gegenteil: Bei fallenden Zinsen steigen die Anleihekurse markant an. Kursschwankungen können Anleger ignorieren, die eine Anleihe von vornherein bis zur vereinbarten Endfälligkeit halten. Deshalb macht es Sinn, Staatsanleihen und andere solide Papiere einzeln zu kaufen. Interessant
sind zum Beispiel bei einem langen Atem die österreichischen Wohnbaubank-Anleihen, weil hier bis zu vier Prozent Zinsen von der KESt befreit sind. Kleiner Haken: Neue Wohnbau-Anleihen laufen länger als zehn Jahre. Beim Kauf von Wohnbaubank-Anleihen sind die Hausbanken der erste Ansprechpartner. Die Wiener Börse ist dagegen als Handelsplatz wie auch bei anderen Fixzins-Papieren kaum geeignet: Man ist dort zwar stolz darauf, dass über 14.000 Anleihen zugelassen sind (was Gebühren bringt), wirklich gehandelt werden aber nur ein paar Dutzend Unternehmensanleihen. Besser ist es, selbst für österreichische Staatsanleihen auf deutsche Börsen auszuweichen. Diese gibt es dort in konsumentenfreundlichen Stückelungen. Bei Unternehmensanleihen ist die Auswahl generell kleiner, weil oft nur noch große Stückelungen von zum Beispiel 100.000 Euro ausgegeben werden. Ein Beispiel mit einer anlegerfreundlichen Ausgabe zu 1.000 Euro ist die 1,875%-Anleihe der OMV mit Laufzeit bis 2028 (ISIN XS1917590959). Weil der Kurs aktuell mit 90,9 deutlich unter dem Tilgungskurs 100 liegt, beträgt die Rendite 3,88 Prozent. Noch mehr offeriert US-Finanzministerin Janet Yellen. US-Dollar-Staatsschulden mit Laufzeit bis 2028 weisen 4,77 Prozent Rendite auf.
Kurt Eichhorn, Anleihechef der Fondsgesellschaft Kepler: „Insgesamt gibt es ein sehr attraktives Umfeld für Anleihen.“Im Kepler Euro Plus Rentenfonds (AT0000722558) mit einer Durchschnittslaufzeit von 6,5 Jahren könne man zum Beispiel bei gleichbleibenden Zinsen in den kommenden Jahren 4,5 bis 5,0 Prozent Rendite erzielen. Letztlich hängt der Gesamtertrag davon ab, wie sich das allgemeine Renditeniveau entwickelt.
Kepler-Anleihechef Eichhorn: „Selbst wenn die Zinsen doch noch um ein Prozent steigen, rutscht man nur ein Jahr knapp ins Minus. Umgekehrt gibt es wieder ein Jahr mit zweistelligen Renditen, wenn die Zinsen um ein viertel Prozent nachgeben.“
– MARTIN KWAUKA