„MIT DER ZINSWENDE KAM DAS COMEBACK DER ANLEIHENFONDS“
Heinz Bednar, Vorsitzender der Geschäftsführung Erste Asset Management GmbH (EAM), spricht über die aktuelle Korrektur am Kapitalmarkt und die hohe Nachfrage nach Fondssparplänen.
» In einem von Inflation, Zinssteigerungen und geopolitischen Spannungen geprägten Investmentjahr 2023 suchen viele Anleger nach einer Richtung. Heinz Bednar, Vorsitzender der Geschäftsführung der Erste Asset Management, gibt einen Einblick in die aktuellen Marktgeschehnisse.
2023 war ein schwieriges Investmentjahr: Die Inflation war hoch, die Zinsen sind enorm gestiegen und der wirtschaftliche Ausblick hat sich deutlich eingetrübt. Hat sich das auch bei der EAM niedergeschlagen?
Heinz Bednar: Die Märkte haben sich angesichts der widrigen Umstände ganz gut geschlagen. Gegenwärtig durchlaufen wir eine Konsolidierung, die dem noch unklaren Konjunkturausblick, der inflationären Entwicklung und dem Gewaltausbruch im Nahen Osten geschuldet ist. Wir sind jedoch optimistisch, dass Fonds diese Schwächephase überwinden werden und wir, bezogen auf alle Fondsgesellschaften in Österreich, die positiven Nettomittelzuflüsse heuer von rund 2,6 Milliarden Euro weiter ausbauen können. Besonders erfreulich war 2023 die Entwicklung der Fondssparpläne. Hier verzeichnen wir mehr als 36.000 Neuabschlüsse, was zeigt, dass die Österreicher weiter Ansparprodukte bevorzugen, die während der Nullzinsphase Renditen brachten.
Eröffnen die zehn Zinsanhebungen durch die EZB nun nicht auch neue Chancen am Anleihemarkt?
Mit der Zinswende kam es zu einem Comeback der Anleihenfonds. Derzeit werden Rendite-Niveaus gehandelt, die wir seit der Finanzmarktkrise 2008 nicht mehr gesehen haben. Dabei ist die Situation eine gänzlich andere als damals. Es gilt, der hohen Inflation zu begegnen bzw. diese abzufedern. Das schafft man beispielsweise mit einem Mix aus Unternehmensanleihen. Da stimmt das Chancen-Risiko-Verhältnis wieder, wenn wir mit Fonds durchschnittliche Renditen von über 4,4 Prozent und mehr bieten können. Aber auch in den gemischten Fonds machen sich die wieder erstarkten Anleihen positiv bemerkbar. Damit lassen sich die Schwankungen in anderen Anlageklassen abfedern.
Ein Thema, das die EAM schon lange begleitet, ist das Thema Nachhaltigkeit. Haben die nachhaltigen Fonds in der Krise die Bewährungsprobe bestanden? Da kann ich die Frage mit einem klaren Ja beantworten. Klein- bis mittelkapitalisierte Unternehmen haben unter der Zinswende besonders stark gelitten. Das betrifft auch Aktien aus den Bereichen Umwelt und erneuerbare Energie. In diesem Segment sehen wir nach vorne blickend wieder interessante Einstiegsniveaus. Bei der Erste Asset Management ist das Volumen nachhaltiger Publikumsfonds per Ende September bereits auf 16,0 Milliarden Euro gestiegen.
Wird die schon lange geforderte KESt-Befreiung für nachhaltige Investments noch in dieser Legislaturperiode kommen?
Da habe ich leider große Zweifel, dass der Regierung dieser Wurf in dieser Legislaturperiode noch gelingt. Wir haben in den letzten Jahren alles getan, um die Politik davon zu überzeugen, dass eine Stärkung der 3. Säule angesichts der demografischen und budgetären Herausforderungen ein Gebot der Stunde ist. Jetzt liegt es an anderen, die nötigen Entscheidungen zu treffen.
Welche Auswirkungen hat die aktuelle geopolitische und wirtschaftliche Situation auf Ihre Prognose für 2024? Derzeit hängt viel von der Ölpreis-Entwicklung ab. Ein schneller und starker Preisanstieg bei Erdöl wäre ungünstig, da damit die Kaufkraft der Konsumenten und Unternehmen belastet wird. Zudem würde ein weiterer Anstieg der Energiepreise das Sinken der Inflation einbremsen. Das könnte wieder zu Leitzinsanhebungen führen. Umgekehrt könnte sich eine Entspannung in der Geopolitik positiv auf das wirtschaftliche Umfeld auswirken.
– STEPHAN SCOPPETTA