GROSSE AUFGABEN
Erich Mayer, Präsident des FMVÖ, über aktuelle Entwicklungen, die die ganze Finanzbranche treffen.
» Nicht nur für Banken, sondern auch für Versicherungen stellt sich die Frage nach dem besten Service in einer Verbindung von digital und analog. Wohin entwickelt sich das gerade?
Erich Mayer: Die Digitalisierung der Finanzindustrie ist ein dynamischer Prozess, der nie abgeschlossen sein wird. Über infrastrukturelle Veränderungen hinaus wird ständig – auch unter Einbindung von ausgewählten Partnern – an innovativen und kundenorientierten Lösungen gearbeitet. Es ist essenziell, die Digitalisierung in Summe voranzutreiben – vor allem, um auf die geänderten Kundenbedürfnisse zu reagieren. Entscheidend wird sein, wie Banken und Versicherungen auf Basis der Kundenerwartungen das Zusammenspiel von digital und analog gestalten.
Können Themen wie die KI bereits unterstützend eingesetzt werden? Künstliche Intelligenz begegnet uns ja schon jetzt in vielen Bereichen, obwohl wir es gar nicht wahrnehmen – beispielsweise bei Google. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. KI wird in vielen Bereichen ein Gamechanger, wobei jetzt noch gar nicht absehbar ist, welche Einsatzbereiche in einigen Jahren möglich sein werden. Es ist wichtig, dass man frühzeitig Einsatzmöglichkeiten evaluiert und auch experimentiert.
Versicherungen sind von vielen Entwicklungen gleichzeitig betroffen … Die Versicherungswirtschaft steht in den nächsten Jahren in der Tat vor großen Herausforderungen: Klimawandel, geopolitische Entwicklungen und Inflation – um nur einige zu nennen. Die Schadenskosten steigen inflationsbedingt und der Klimawandel führt nachweislich zu Naturereignissen, die auf die Versicherungen voll durchschlagen. Hier ist das Management gefordert, die Geschäftsmodelle an diese Veränderungen anzupassen.
Alle Finanzinstitute sind von neuen Regularien betroffen. Diese bedeuten einen Mehraufwand und Investitionen? Völlig richtig! Sowohl Versicherungen als auch vor allem die Banken erlebten in den letzten Jahren einen wahren „Regulierungs-Sturm“. Dies führte nicht nur zu erforderlichen ITInvestitionen, sondern bindet auch personelle Ressourcen. Es gibt immer wieder die Diskussion der „Überregulierung“, was in manchen Bereichen sicher stimmt. Grundsätzlich bekennt sich die Finanzbranche aber zu regulatorischen Erfordernissen. Langsam ist auch ein Umdenken der Regulierungsbehörden erkennbar. Es wird in Zukunft mit weiteren regulatorischen Maßnahmen zu rechnen sein, diese sollten aber mit mehr Augenmaß und Sinnhaftigkeit erfolgen.
Der FMVÖ vergibt jedes Jahr die Recommender-Awards. Wird es diese Auszeichnungen auch 2024 wieder geben? Selbstverständlich! Der FMVÖ-Recommender-Award ist seit 17 Jahren etabliert und in der Finanzbranche der Award für Kundenorientierung. Schließlich geben 8.000 Kund:innen der österreichischen Versicherungen und Banken ein Urteil darüber ab, in welchem Ausmaß sie ihr Institut weiterempfehlen würden. Diese größte Jury Österreichs kürt damit jene Versicherungen und Banken, die es am besten verstehen, ihre Prozesse und Angebote nach den Bedürfnissen ihrer Kund:innen auszurichten. Nahezu alle Gewinner setzen das mit dem Award verbundene Gütesiegel in ihrer Kommunikation ein. – MARTIN MÜHL