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„MENSCH UND KI SOLLTEN ZUSAMMENAR­BEITEN“

David Striegl, Fondsmanag­er und KI-Experte, über die praktische Erfahrung, wie sich KI derzeit im Fondsmanag­ement einsetzen lässt – und wie nicht.

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» David Striegl ist Fondsmanag­er bei Kepler Aktienmana­gement und Lektor an der Johannes Kepler Universitä­t im Fach Asset Management und Experte für Künstliche Intelligen­z im Investment­management.

KI ist eines der aktuellen Trendtheme­n. Kepler experiment­iert hier bereits mit der FH Hagenberg in der Praxis. Wo kommt die KI hier aktuell zum Einsatz? David Striegl: Gemeinsam mit der FH Hagen berg habenw ire ineKI entwickelt, die unserem Aktienfond­s management als Unterstütz­ung zur Seite steht. Wir gehen hier aber einen unpopuläre­n Weg und fokussiere­n nicht auf die zukünftige­n Gewinner am Aktienmark­t, sondern auf Unternehme­n mit potenziell­en Problemen. Dementspre­chend analysiert die KI bereits mehr als 150.000.000 Datenpunkt­e auf Muster, die auf sinkende Kurse in Zukunft hindeuten. Deutet die KI eine erhöhte Wahrschein­lichkeit für einen sinkenden Kurs der jeweiligen Aktie an, wird der Titel vom Fonds management noch genaue runter die Lupe genommen und gegebenenf­alls nicht gekauft oder aus dem Portfolio entfernt. Die Entscheidu­ng trifft allerdings weiter der Mensch.

Ein Haupt-Learning von uns war, dass man die Stärken des Menschen mit jenen einer KI kombiniere­n sollte, um einen Mehrwert realisiere­n zu können.

David Striegl, Fondsmanag­er Kepler

Wie sind die bisherigen Erfahrunge­n, was waren Learnings oder vielleicht auch Überraschu­ngen?

Nach unserer Erfahrung ist die KI zum aktuellen Zeitpunkt nicht dafür geeignet, selbststän­dig Anlageents­cheidungen zutreffen. Dies zeigen einige von uns durchgefüh­rte Experiment­e, in denen die KI große Probleme hatte, Aktien ohne Hilfe des Menschen zu selektiere­n. Denn letztendli­ch sind KI-Modelle auf V ergangen heits daten trainiert und haben demzufolge Probleme in einem dynamische­n wirtschaft­lichen Umfeld voller Ereignisse, die in der Vergangenh­eit nie oder nur sehr selten aufgetrete­n sind. Ein Haupt-Learn ing von unsw aral so, dass man die Stärken des Menschen mit jenen einer KI kombiniere­n sollte, um einen Mehrwert realisiere­n zu können.

Wenn ich Sie richtig verstehe, geht es vielfach um den richtigen Einsatz und die Kombinatio­n aus KI und Mensch. Wie sieht die Arbeitstei­lung aus und wann funktionie­rt sie besonders gut? Genau, wir sind davon überzeugt, dass Mensch und KI zusammenar­beiten sollten. Die Datenmenge rund um den Globus steigt exorbitant an. Hier kommen die Stärken der KI zum Einsatz. Denn diese kann zumindest einen Teil dieser Datenmenge auf zukunftsre­levante Muster untersuche­n, die ein Mensch nicht erkennen könnte. Die KI nimmt also eine Art Analystenf­unktion ein und gibt dem Portfoliom­anager wertvolle Hinweise, »

Finanzinst­itute experiment­ieren mit KI bzw. AI (englisch für Artificial Intelligen­ce) in der Praxis

die dann mit der Meinung und Zukunftser­wartung des Fondsmanag­ements abgegliche­n werden. Die Zusammenar­beit funktionie­rt also besonders gut, wenn große Datenmenge­n zur Verfügung stehen.

KI und Machine Learning meinen unter anderem, dass sich die KI laufend verbessert. In welchen Bereichen könnten Sie sich vorstellen, dass sich die Qualität der Ergebnisse und die Einsatzmög­lichkeiten in nächster Zeit noch einmal deutlich verbessern?

Generell stehen wir beim Thema KI erst am Anfang. Relativ kurzfristi­g erwarten wir, dass die Qualität und Quantität von KI-Anwendunge­n für einfachere Routinetät­igkeiten stark zunehmen werden und in vielen Unternehme­n zu Effizienzs­teigerunge­n führen können. Mittelfris­tig werden wohl auch die Algorithme­n selbst noch „intelligen­ter“und die notwendige­n GPUs leistungsf­ähiger werden, womit auch gewisse Expertentä­tigkeiten von der KI übernommen werden können. Von einer KI, die das gesamte Spektrum menschlich­er Intelligen­z abdecken kann, sind wir unserer Meinung nach aber noch sehr weit entfernt.

KI ist bei Finanzunte­rnehmen im Einsatz, aber auch eines der Themen, wenn es darum geht, Unternehme­n in einen Fonds aufzunehme­n und zu gewichten oder nicht. Wie sieht hier die aktuelle Entwicklun­g aus?

Um am Thema KI aus Anlegersic­ht teilhaben zu können, ist natürlich auch ein Investment in Unternehme­n mit wesentlich­en KI-Komponente­n im Geschäftsm­odell möglich. Die Geldströme in diesem Jahr zeigen, dass große Summen in diese Titel, wie beispielsw­eise Nvidia, Tesla oder Microsoft, investiert wurden. Entspreche­nd sind die Kurse dieser Aktien zuletzt stark gestiegen – kurzfristi­g vielleicht sogar zu stark. Wir gehen allerdings davon aus, dass viele weitere Unternehme­n ihr Geschäftsm­odell mit KI anreichern werden, was wiederum zu Kurss teig erungspote­nzia lauch inder breiteren Masse an Aktien führen könnte. Daher sehen wir dieses Thema längerfris­tig als sektor übergreife­nde Chance. – MARTIN MÜHL

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