MUSTERGÜLTIGE ERINNERUNGEN „LEICHEN TRIEBEN VORBEI“
Tennis-Legende Thomas Muster sprach am Rande der Erste Bank Open über unliebsame Erlebnisse, Visionen, Dominic Thiem und natürlich über den Erfolg beim Wiener Traditionsturnier, das 2024 feiern darf.
» Die Worte von Thomas Muster haben Gewicht. Der 56-jährige Steirer spricht alle Jahre wieder über die neuen Entwicklungen im Tennis, aber auch über seine Erlebnisse und sehr, sehr gerne auch über Dominic Thiem und natürlich „sein“Turnier, seit 2012 ist Muster Turnierbotschafter bei den Erste Bank Open in Wien.
Im Finale schlug die Nummer zwei, Jannik Sinner, den topgesetzten Daniil Medwedew. Zuvor spielten die vier der Setzliste im Halbfinale, das gab es zuletzt 1994 – mit Ihrer Beteiligung. Können Sie sich noch daran erinnern?
Thomas Muster: Es zeigt, wie sehr sich das Turnier entwickelt hat. Dennoch kann man es nicht ganz vergleichen, weil wir mit mir damals auch einen Lokalmatador dabei hatten. Die anderen waren Goran Ivanišević, Andre Agassi und Michael Stich, das waren Größen, mit denen ich mich selbst niemalsvergleichenwollte.Auch,weilich damals gar nicht in den Top Ten war.
Der Lokalmatador hätte Dominic Thiem sein können. Sie sagten bei seinem Comeback, dass es dreimal so lange dauert, bis er wieder oben steht, wie er weg war. Sie dürften recht behalten ...
Er ist gerade beim Comeback. Und es wird noch dauern. Wichtig ist, dass er bei den Australian Open aller Voraussicht nach in den Hauptbewerb kommt.WennerfrühinderQualiausgeschieden wäre, hätte er wieder ein, zwei, drei Monate verloren, weil er eben jetzt auch pausiert. Es wird noch dauern, und selbst wenn er die alte Spielstärke findet, sehe ich ihn bestenfalls auf Platz 15 oder 10. Viele haben sich weiterentwickelt, das sieht man an Sinner oder Shelton, die extrem schnell spielen. Aber man darf nicht vergessen, dass Thiem vor seiner Verletzung schon schlecht spielte.
Viele sagen, ein Super-Coach könnte ihm helfen. Sehen Sie das auch so?
Das Wort wird falsch definiert. Das ist einer, wie bei einem Wirtschaftsunternehmen, der Tipps gibt, aber nicht zum engen Team gehört. Ich war so etwas nicht, ich habe mit Thiem trainiert, länger als viele glauben. Es waren gut zwei, drei Monate 2019 und 2020. Und dass er das Finale bei den Australian Open erreichte, spricht ja dafür, dass es gewirkt hat. Neun Monate später gewann er die US Open, den Hauptanteil trug damals noch Günter Bresnik, einen kleinen Anteil ich und sein damaliger Trainer Nicolás Massú. Man darf nie vergessen, dass dieser von Bresnik nur als Touringcoach geholt wurde, dann wurde er zu seinem Nachfolger.
Nun schickt sich mit Joel Schwärzler, der die Juniorfinals gewann, ein Talent an. Was trauen Sie ihm zu?
Viel, aber die wichtigsten Jahre kommen erst. Er hat alle Anlagen, aber die Knochenmühle wartet noch. Der Weg ist schwierig.
Auch Sie mussten solche Wege gehen, nicht immer die schönsten Turniere spielen, wie etwa Afrika ...
Ja, in Lagos sind bei der Unterkunft im Fluss Leichen vorbeigetrieben. Man muss da durch, es gibt nicht nur feine Locations. in
Diese Locations werden immer mehr, die
Spiele länger. Viele Profis wünschen sich Verkürzungen bei den Matches. Wie sehen Sie das?
Ich verstehe es nicht. Wir haben genauso viel gespielt. Dazwischen noch drei Tage Davis Cup, das Ganze auf drei Gewinnsätze. Der „Ultimate Tennis Showdown“, UTS, ist eine gute Idee, aber nur begleitend zur Tour.
Nächstes Jahr feiern die Erste Bank Open 50 Jahre und die 50. Auflage. Was wünschen Sie sich für das Turnier?
Dass es einfach mit dem Turnier so weitergeht. Man darf nie vergessen, dass verdammt harte Arbeit dahintersteckte, um das Turnier zu dem zu machen, was es ist: ein Weltturnier. Und dass die neue Halle in Wien bald fertig wird, dies wird jetzt erst frühestens 2029 sein. In der Stadthalle bräuchten wir schon Gummiwände. Man braucht sich das nur anzuschauen: das Happel-Stadion, die neue Halle am Dusika-Areal, die sogar für den Weltgruppen-Davis-Cup zu niedrig ist, und hier die Stadthalle – das ist alles beschämend. Ich weiß schon, dass die Stadt nun viel investiert, aber das ist die Pflicht der öffentlichen Hand, zahlen tunesehwir,dieSteuerzahler.DieNeubauten sind keine Geschenke. Wenn der Steuerzahler das will, muss es gebaut werden. – HARALD OTTAWA