INTERVIEW „VIELE LEBEN INKLUSION“
Rollstuhl-Tennis ist bereits eine Marke in Österreich. International, aber auch national wurde in den letzten Jahren viel bewirkt. Stefan Schuh, Inklusionsbeauftragter im ÖTV, über eine großartige Entwicklung.
» Österreichs Rollstuhltennis lebt. Nicht nur im Spitzensport, sondern mittlerweile auch im Breitensport. Der Österreichische Tennisverband nimmt diese Angelegenheit seit Jahren ebenso ernst, seit Kurzem gibt es einen Beauftragten für Inklusionsfragen. Wir sprachen mit Stefan Schuh.
Wie steht Österreich im internationalen Vergleich da?
Stefan Schuh: Österreich steht aktuell im internationalen Vergleich sehr gut da und hat auch in den letzten Jahrzehnten international immer wieder mit Top-Ergebnissen aufgezeigt. Margrit Fink und Ilse Kussian-Pink waren 1993/1994 die Nummer 7 der
Welt bzw. Fink auch die Nummer 1 von Europa. Martin Legner war 1996 die Nummer 1 der Doppel-Weltrangliste und 2004 dann die Nummer 4 im Einzel. Aktuell sorgen Nico Langmann, Josef Riegler und der mittlerweile 61-jährige Legner auf der Future-Ebene für Turniersiege am laufenden Band. Nico Langmann hat erst kürzlich seinen sechsten internationalen Einzeltitel en suite gefeiert, Martin Legner und Josef Riegler sind heuer als Doppelgespann seit 4 Turnieren ungeschlagen und sorgen ebenfalls im Einzel laufend für Turniersiege und Podestplätze. Bei den Damen haben wir mit Christina Pesendorfer und Vanessa Jenewein zwei erfolgreiche Spielerinnen.
Pesendorfer holte heuer beim ITF-Event in Bad Gleichenberg einen Titel und brillierte bei weiteren internationalen Turnieren. Der 15-jährige Vorarlberger Maximilian Taucher zählt zu den besten Jugendlichen weltweit und wird uns noch viel Freude bereiten. Im Februar 2023 kürte er sich im französischen Tarbes zum Weltmeister im Einzel und Doppel, qualifizierte sich heuer zum zweiten Mal für die US Open und stellte auch schon bei Herren-Turnieren sein großes Talent unter Beweis. Im Quad-Bewerb, das ist der Bewerb für Spieler:innen, die zusätzlich eine Beeinträchtigung an den Händen haben, haben wir mit Roman Zechmeister ein aufstrebendes Talent am Start.
Gibt es eigene Rollstuhl-Vereine?
Es gibt sowohl eigene Rollstuhl-Vereine als auch immer mehr Vereine, die dieInklusionlebenundbeidenenRollstuhl-Spieler:innen Mitglied sind.
Seit wann gibt Rollstuhltennis professionell, weltweit und in Österreich? 1988 wurde die International Wheelchair Tennis Federation (IWTF) gegründet und 1998 in die Organisationsstrukturen des internationalen Tennisverbandes (ITF) eingegliedert. Seit 1992 ist Rollstuhltennis im Paralympischen Programm. Martin Legner nahm 1992 bei den Paralympischen Spielen teil, somit wurde damals schon Rollstuhltennis in Österreich professionell betrieben. Auf Turnierebene war Österreich mit den „Austrian Open“in Groß-Siegharts 1988 erstmals im ITF-Turnierkalender international vertreten. Das Turnier wurde heuer unter der Leitung von Philipp Dörre zum 34. Mal veranstaltet und es wurde ein Preisgeld von 30.000 Dollar ausgeschüttet.
Sind alle Tennisplätze und Einrichtungen behindertengerecht eingerichtet? Nein, es werden aber immer mehr. Ich bekomme immer wieder Anfragen von Vereinen, worauf beim Umbau in
Sachen Barrierefreiheit geachtet werden muss. Also sieht man hier, dass man das Thema sehr wohl beachtet.
Was ist speziell Ihre Aufgabe und jene des ÖTV? IchbinimRollstuhltennisfürdenSpitzenund Breitensport zuständig. Im Spitzensport betrifft das die Kommunikation mit unseren Kaderathlet:innen bzw. dem Nationalteam, die Korrespondenz mit der ITF zu Themen wie World Team Cup oder der Klassifizierung sowie den Kontakt zum österreichischen Paralympischen Komitee (ÖPC), wenn es, so wie aktuell nun, um die Paralympischen Spiele 2024 geht.ImBreitensportveranstaltenwir in Kooperation mit dem ÖBSV (Österreichischen Behindertensportverband) Workshops, veranstalten Breitensport-Turnierserien und versuchen, Personen im Rollstuhl für den Tennissport zu begeistern.
Seit wann gibt es das Ressort beim ÖTV?
Seit 1990 ist das Rollstuhlreferat verankert. Damals war Bernhard Kühtreiber Rollstuhlreferent und hat die ersten Strukturen aufgebaut.
Gibt es Reiseunterstützungen für die professionellen Spieler? Kaderathlet:innen erhalten eine finanzielle Unterstützung in den Bereichen Reise-, Physio- und Trainerkosten.
Sie sind Inklusionsbeauftragter. Was sind noch Ihre Aufgaben?
Wir wollen nun auch die Bereiche des Gehörlosen-, Blinden- und Amputiertentennis sowie auch Tennis für Menschen mit mentaler Beeinträchtigung mitunserenMöglichkeitenprofessionell unterstützen. Mein Ziel ist es ebenso, dasswiresschaffen,dasThemaInklusion in die einzelnen Tennis-Ausbildungen zu integrieren, damit wir Trainer:innen fürdieeinzelnenPara-Sportartengewinnen können. – HARALD OTTAWA