MUSTER IM FAKTENCHECK
Wurden Beläge und Bälle langsamer gemacht? Thomas Muster wünschte sich im KURIER-Tennisjahrbuch 2022 zu den langsameren Belägen wieder schnellere Bälle zu nehmen. Tennis-Physiker Heinz Waerder geht der Sache nach.
» Sind Beläge schneller oder langsamer geworden? Die Courts in Wimbledon wurden langsamer, aber offiziell nichtaufWunschderITF,umdenVorteil der schnellen Aufschläge zu eliminieren, sondern weil der All England Lawn Tennis and Croquet Club eine bessere Strapazierbarkeit der Plätze durch eine neue Grassorte erreichen wollte.
Die Beläge von Hartplätzen können durch Aufbringen von mehr Granulat langsamer gemacht werden.
Andreas Kemmerer, der wichtigste Hartplatzerrichter in Deutschland, erAustralian klärt zur Frage der Schnelligkeit von Belägenbzw.zurFrage,obsieschneller oder langsamer geworden sind: Es gibt derzeit keine eindeutige Tendenz, ob die Beläge schneller oder langsamer werden. Man kann auch nicht sagen, dass die Beläge langsamer geworden sind.
Es hängt auch sehr vom subjektiven Gefühl des Spielers ab bzw. davon, wer auf der anderen Seite steht (bei härter schlagenden Spielern hat man eher das Gefühl, dass der Platz schneller ist). Und es kommt darauf an, ob der Ball mit mehr Topspin oder weniger Topspin ankommt, da Bälle mit mehr Spin eine größere horizontale Absprunggeschwindigkeit haben.
Eine viel größere Auswirkung auf die Ballgeschwindigkeit hat es, ob der Platz frisch ist oder bereits bespielt wurde. Dort, wo gerutscht wurde, ist der Platz schmutzig und glatter und wird daher schneller. Etwa wird bei den Australian Open der Center Court erst 1 Woche vorher als letzter fertiggestellt und ist daher langsamer als die Außenplätze. Open und US Open sind mit Category 4 – Medium-Fast klassifiziert. Im Durchschnitt werden die Plätze in Category 3 – Medium ausgeführt.
Vor einem Turnier setzen sich Turnierdirektor (z. B. Herwig Straka bei den Erste Bank Open in Wien), Spielervertreter und Exprofis (z. B. Thomas Muster) zusammen und diskutieren, wie schnell der Platz sein soll. DieWünsche,wieschnelleinPlatzsein soll,sindsehrverschieden:Jugendliche z. B. wollen zum Trainieren eher nicht soschnellePlätze.Damen(habenlangsamereSchlägergeschwindigkeit)wollen oft schnelle Plätze, damit ihr Aufschlagwirkungsvollerist.FürTopspieler (Herren) ist es besser, die Plätze schneller zu machen, damit die Ballwechsel nicht zu lange dauern (Spieler sind fitter und bringen alles zurück).
Zum Wunsch nach dem Einsatz schnellerer Bälle: Derzeit werden fast nur Typ-2-Bälle (Medium) eingesetzt, die Rücksprunghöhe von Typ-2-Bällen beträgt nach ITF-Spezifikation 135
147 cm. Technologische Eigenschaften des Gummis und Innendruck werden so gewählt, dass sich diese Rücksprunghöhe ergibt. Mit der Rücksprunghöhe sind die Rücksprungkoeffizienten e und eA festgelegt.
Die technologischen Werte haben sich in den letzten Jahren nicht verändert. Die Tendenz ist, dass man näher an die Toleranzgrenze geht, sodass die Bälle innerhalb der Toleranz eher geringfügig schneller geworden sind.
In der Liste der ITF Approved Tennis Balls 2023 gibt es nur 2 Typ-1-Bälle (Bezeichnung Fast, Rücksprunghöhe 138-151 cm, von der ITF für langsame Beläge wie Sandplatz spezifiziert), den Babolat Team Clay und den Dunlop HD. Wenn man diese Bälle für Hartplatz-Beläge
nähme, also die Typ-2Bälle durch Typ-1-Bälle ersetzt, müsste man die ITF-Spezifikation 2020 ändern und alle Bälle (Typ 1, Typ 2, Typ 3)schnellermachen,damitdieAbstimmung mit den Belägen wieder passt. BezüglichderFilzoberfläche,diebeineuen Bällen für den Luftwiderstand maßgebend ist, hat es sicher keine ausschlaggebendeÄnderunggegeben.ZurAussage von Thomas Muster („schnellere Bälle habenmehrDrall“)mussmanfesthalten, dass der vom Schläger erzeugte Spin nur abhängigvonSchlagwinkelundTilt(Anstellung der Schlagfläche nach vorne) sowie der Schlägergeschwindigkeit, aber nichtvonderRücksprungeigenschaftdes Ballsist.DasichderBallamSchlägerstets in der Biting-Phase befindet, hat die ReibungzwischenBespannungundBallkeinen Einfluss auf den erzeugten Drall des Balls. Somit kann die Rauheit von Bespannung und Ball keine Auswirkung aufdenerzeugtenSpinhaben,mankann also durch Veränderung der Filzeigenschaft den Spin nicht beeinflussen. Bei Erzeugung von mehr Spin könnte man mit einem höheren Winkel abschießen, derBallwürdedaherauchunangenehm höher abspringen und bei mehr Spin auch mit einer höheren Horizontalgeschwindigkeit abgehen. «