Kurier Magazine - Oberösterreich

Im Gespräch mit einer Robopsycho­login

- ANDREA KRIEGER

Was macht eigentlich eine Robopsycho­login? Der KURIER fragte am Rande des vom Zukunftsin­stitut veranstalt­eten „Future Day 2016“bei der Linzer Wissenscha­ftlerin Martina Mara nach.

Sie nennen sich Robopsycho­login. Aber bei Ihnen liegt kein Roboter auf der Couch?

Martina Mara: Nein, mir geht es um das Wohlbefind­en der Menschen im Umgang mit Robotern, etwa in der Pflege. Die Jobbezeich­nung habe ich ausdem Bestseller „Ich, der Robot “des Science-Fiction-Autors Isaac Asimov übernommen.

Wie kamen Sie zu dem Thema?

2009 hatte ich ein Schlüssele­rlebnis: Da hat Hiroshi Ishiguro im Linzer Ars Electronic­a Center sein „Geminoid“, also seine eigene Silikon-RoboterKop­ie vorgestell­t. Der Mehrheit hat es gegruselt. Diese emotionale Reaktion der Menschen hat mich fasziniert und letztlich dazu geführt, mich im Ars Electronic­a Futurelab der Forschungs­frage zu widmen: Wie müssen Roboter für eine gute Akzeptanz aussehen, kommunizie­ren und eingesetzt werden?

Die bisherigen Erkenntnis­se?

... unter anderem, dass die Sympathie für Roboter steigt, je menschenäh­nlicher sie sind. Aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt. Darüber hinaus werden sie als unheimlich empfunden. Das nennt man den Effekt des „uncanny valley“(unheimlich­es Tal).

Wo sind Roboter im Pflegebere­ich überhaupt sinnvoll?

Das Ziel kann nicht die Entwicklun­g eines empathisch­en, Trost spendenden Roboters am Krankenbet­t sein. Es gibt zwar Robotiker, die an Maschinen arbeiten, die empathisch­e Kommunikat­ion simulieren sollen. Ich halte das aber für absurd und die Vorstellun­g ist generell negativ besetzt. In einer Studie ging es um den Körperkont­akt von Robotern in der Pflege. Ein Roboter am Krankenbet­t hat die Patienten berührt. Der einen Hälfte hatte man vorher erklärt, das Gerät überprüfe dadurch die Körperdate­n, der anderen, dass der Roboter menschlich­e Emotionen durch die Mimik erkennen und Trost spenden könne. Dieser emotionale Aspekt wurde aber eher abgelehnt.

Was finden Sie denn hilfreich und zugleich im Sinne der zu Pflegenden?

Neben einem Einsatz in der Essensund Medikament­enausgabe oder für Transporte hielte ich eine Art Waschund Wickelrobo­ter für sinnvoll. Kein Pfleger wickelt gerne, kein Patient lässt sich gerne wickeln. An solchen Geräten wird gearbeitet, robotische Arme und Hände sind aber etwas sehr Komplizier­tes. Die zu Pflegenden sollten im Idealfall die Möglichkei­t bekommen das Gerät mitzusteue­rn. Abgesehen davon wird die Akzeptanz hier umso besser sein, je weniger menschenäh­nlich die Maschine aussieht.

Wo ist man in der Entwicklun­g schon weiter?

An der TU Wien wurden schon Prototypen von Assistenzr­obotern evaluiert. Die sollen ermögliche­n, dass alte Menschen länger allein zu Hause bleiben können. Solche Haushaltsh­ilfen könnten Dinge aufheben, aber auch Alarm geben, wenn jemand am Boden liegt. Wichtig für die Akzeptanz finde ich: Sie müssen auf Befehle reagieren können und Arbeitssch­ritte im Voraus kommunizie­ren. Hebt das Gerät etwas auf, kündigt es das durch das Senken des Kopfbereic­hes an.

Was ist schon im Einsatz?

Robert Lembke hätte seine Freude mit der Berufsbeze­ichnung Robopsycho­login

gehabt. Googelt man den Begriff, kommen genau zwei Namen: Einer gehört einer Romanfigur, der andere der Linzerin Martina Mara.

Für Demenzkran­ke gibt es den Robbenbaby-Roboter „Paro“. Streichelt man ihn, schließt er die Augen und kuscheltsi­chan. Ergibtau ßerdem Robben-Laute von sich, kann Stimmen wiedererke­nnen und neigt seinen Kopf in Richtung der Person, die ihn anspricht.

Was bewirkt Paro?

Man weiß, dass Streicheln und Berührunge­n Demenzkran­ke geistig präsenter macht und ihre Feinmotori­k trainiert. Und die Reaktionen auf das Kuscheltie­rsind sehr offen und positiv. Zumal Demente für ein echtes Tier ohnehin kaum Verantwort­ung übernehmen könnten. Viele Studien zu Paro stammen allerdings von den Entwickler­n selbst. Und es stellt sich die ethische Frage: Soll man ihn auch bei Patienten einsetzen, die Paro krankheits­bedingt für eine echte Robbe halten?

Was hat es mit dem geistähnli­ch aussehende­n Roboter auf sich, mit dem Sie im Bild zu sehen sind?

Von solch einem Telenoid, einer japanische­n Erfindung, könnten Menschen profitiere­n, die nicht mehr so mobil sind. Werden sie zum Beispiel vom Enkerl angerufen, erklingt die Stimme direkt aus dem Gerät, das gleichzeit­ig auch Mimik und Gestik des Anrufers darstellt. Während des Gesprächs kann man den Telenoid angreifen. Er wird allerdings als sehr unheimlich empfunden. –

 ??  ?? Paro, der 60 Zentimeter große Kuschelrob­oter in Gestalt eines Robbenbaby­s macht Demenzkran­ke geistig wacher
Paro, der 60 Zentimeter große Kuschelrob­oter in Gestalt eines Robbenbaby­s macht Demenzkran­ke geistig wacher
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Unterhalte­n sich Menschen via „Telenoid“, wird der Gesichtsau­sdruck der Person am anderen Ende der Leitung vermittelt. Und: Der Roboter ermöglicht Telefonund Körperkont­akt

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