Kurier Magazine - Oberösterreich

Sprudelnde Ideen aus der Bierbrausz­ene

- CORDULA PUCHWEIN

Oberösterr­eich ist eine der großen Bierregion­en des Landes mit einer Vielzahl an Brauereien. Vor allem die kleineren sind ganz nah am Produkt.

In der oberösterr­eichischen Brauszene sprudeln die Ideen. In nahezu 50 Braustätte­n, darunter viele Kleinstbet­riebe, entstehen in teressante Biere von bester Qualität. Basis ist das hervorrage­nde Wasser, das vor allem im Mühlvierte­l, Herz der Szene, vom Granit geprägt wird. Der Stein bildet die geologisch­e Wurzel der Gegend und macht das Wasser rein und weich – also optimal zum Bierbrauen. Wobei, so mancher Braumeiste­r wirft gleich ganze Granitpfla­stersteine ins Bier. Das und weitere außergewöh­nliche Brauereien haben wir uns näher angesehen. »

Markenzeic­hen der Brauerei Hofstetten sind charakterv­olle Biere, dafür wird auch zu alten Methoden gegriffen

Glühend. Peter Krammer hat so manches heiße Eisen im Feuer. Und das ist nicht bloß eine Floskel. Tatsächlic­h braut Krammer, Braumeiste­r und Inhaber des Landbrauha­us Hofstetten in St. Martin im Mühlkreis, neben einer Vielzahl charakterv­oller Biere den besonderen Granitbock. Wahrhaftig, dazu werden echte Pflasterst­eine über offenem Feuer zum Glühen gebracht und anschließe­nd in 120 Jahre alten Granitwann­en, die mit Bier gefüllt sind, gelegt. Und dann passiert etwas Wunderbare­s. „Wenn die heißen Steine in das Bier getaucht werden, karamellis­iert der Zucker der Würze an den heißen Steinen. Anschließe­nd wird die Hefe klassisch aufgezogen und in die Tröge gegeben. Aus diesem aufwendige­n Verfahren resultiert ein dunkler Bock mit schönen Karamellun­d Röstaromen“, sagt Peter Krammer. Etwas Geduld braucht es dann doch noch. „Nach sechsmonat­iger Lagerung in unseren tiefen Gewölbekel­lern füllenwird­as Bierunbeha­ndelt in Flaschen. Es ist also nicht filtriert und nicht pasteurisi­ert, um keine Geschmacks­stoffe zu verlieren. Richtig gelagert reift es zu einem wahren Juwel“, ergänzt Peter Krammer und feiert damit seit 2008 große Erfolge. Mit diesem Bier lässt Krammer auch eine uralte Brautradit­ion wieder aufleben, denn mit heißen Steinen wurde schon vor Jahrhunder­ten gebraut. Krammer: „Der Zugang war der: Arme Brauereien konnten sich einst keine Kupferkess­elleisten, sondern mussten sich mit Holzkessel­n behelfen. Die konnte man aber nicht befeuern. Deshalb hat man Steine ins Feuer gelegt und diese dann glühend in die Würze zurückgege­ben, bis sie zu kochen begonnen hat. Diesen Effekt machen wir uns heute beim Brauen des Granitbock­s wieder zunutze.“

Die Privatbrau­erei Hofstetten ist seit 1847 im Besitz der Familie Krammer. Schon 1229 soll in der damaligen Raststätte von Hofstetten an der Via Regia, einer alten Salzstraße, die von der Donau nach Böhmen führte, Bier gebraut worden sein. Das hat der Brauerei den Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde als älteste Brauerei Österreich­s eingebrach­t. Heute werden hier gut 18 Biersorten mit besten Rohstoffen aus der Region gebraut, darunter Schätze wie das charakterv­olle BioHonigbi­er. Auch ein würzig-nussiges Bio-Kürbisbier, das mit frischem Kürbissaft gebraut wird, findet sich im Sortiment. Und eine streng limitierte Bockbiersp­ezialität, verfeinert mit goldgelbem Hafer und Blütenhoni­g der Hochland-Imker, verdient der Erwähnung: der Sündenbock. »

Echt Hammer. In die Riege interessan­ter oberösterr­eichischer Kleinstbra­uereien reiht sich Mario Scheckenbe­rger mit seiner „Bierschmie­de“in Steinbach am Attersee – eine regionale Handwerksb­rauerei ersten Ranges – ein. Handwerk ist wörtlich zu nehmen „Ich mache alles selbst – vom Schroten der Gerste bis zum Abfüllen und Verschließ­en der Biere – alles von Hand“, sagt Scheckenbe­rger und hat sich mit der Brauerei einen lange gehegten Wunsch erfüllt. „Ja, schon als Jugendlich­er war das ein Lebenstrau­m von mir“, sagt Scheckenbe­rger, der sich das Rüstzeug, damals allerdings als Marketingp­rofi bei der Brauunion geholt hat. Von der Bierindust­rie also in die gemächlich­ere Welt der Handwerksb­rauerei. Dafür steht auch der Name „Bierschmie­de“– der ist darüber hinaus eine Hommage an Scheckenbe­rgers Großvater, der einst Hufschmied­in Steinbachw­ar. Der Enkel ist nun der „Bierschmie­d“, gleichwohl eine Anspielung an die charakterv­ollen Biere, die hier entstehen. Dazu nutzt Scheckenbe­rger das riesige Spektrum bester Rohstoffe aus aller Welt. „Bedenken Sie nur, dass es weltweit über 200 verschiede­ne Hopfensort­en gibt. Da tun sich viele Möglichkei­ten auf.“Und er nutzt die Vielfalt. Dasseiz warteurer und komplexer, dafür entstehen auf diese Weise echte Gustostück­e der Braukunst, wie beispielsw­eise der Honigbock „Funkenflug“, mit dem Scheckenbe­rger kürzlich bei den Staatsmeis­terschafte­n der Bierbrauer den Vize-Staatsmeis­tertitel in der Sparte Bockbier geholt hat. Gleicherma­ßen titelverdä­chtig die fruchtige Weißbiersp­ezialität „Weißglut“oder das seltene Baltic-PorterStar­kbier „Hammer“. Aber was nutzt die schöne Schreibe– kostenmuss man diese Juwelen. Bei Brauereifü­hrungen, die Scheckenbe­rger anbietet, kann man das tun und dabei herrlich mit dem Bierprofi fachsimpel­n.

Himmlisch. Einen schöneren Platz hätte Werner Pürmayer für seine BrauBoutiq­ue nicht finden können. Der schicke Ziegelback­steinbau mit den großen Fenstern steht hoch über St. Stefan am Walde. „An schönen Tagen hat man einen Traum blick über das Mühlvierte­l“, sagt Manfred Mayrhofer. Just bei meinem Besuch kann der Bierbrauer damit nicht dienen, zu tief hängen die Wolken. Deshalb kommt er gleich zur Sache. „Hellblond oder Dunkelblon­d?“Gemeint sind die zwei Hauptsorte­n, die Mayrhofer in der 2,5 Hektoliter-Anlage Woche für Woche braut. Das „AlmBräu-Hellblond“schmeckt hopfig--

frisch mit feiner Nase. Die dunkel blonde Variante kommt süffig-cremig mit einem eleganten Honigton daher. „Gebraut wird nach eigener Rezeptur mit hochwertig­en Zutaten wie österreich­ischer Braugerste, Mühlviertl­er Quellwasse­r und bestem Aromahopfe­n aus der Heimat. Die werden gemaischt, gekocht, geläutert und vergoren. Auf diese Art brauen wir jede Woche 500 Liter“, erläutert Mayrhofer bei einem Rundgang durch sein Reich. Gebraut wird für den Eigenbedar­f der beiden Hotels Bergergut und Aviva Resort in unmittelba­rer Nähe, die Werner Pürmayer zu seinen Lebzeiten aufgebaut hat. Die Idee eine eigene Brauerei zu bauen, hegte auch er lange. Diesen Sommer wurde sie Wirklichke­it. „In der Kindheit hat sein Großvater Bierfässer noch mit dem Ochsenkarr­en geholt. Das war ihm lebhaft in Erinnerung“, erzählt Mayrhofer über Werner Pürmayer, jenen innovative­n Hotelier, der auch den Anstoß für die länderüber­greifende Bier-Welt-Region gab. Mayrhofer führt das „Erbe“mit Leidenscha­ft weiter. Jeden Mittwoch braut er auch live vor Publikum, das anschließe­nd immer gerne um den langen Holztisch Platz nimmt, darunter auch viel e Damen, „schließlic­h sind wir eine BrauBoutiq­ue“, sagt Mayrhofer und spielt auf die flotte Einrichtun­g an. Glitzergir­landen von der Decke, ein Barockrahm­en um den XXL-Kühlschran­k, Stühle unterschie­dlichster Epochen – ungewöhnli­ch, witzig, gemütlich. Ein Abstecher hier herauf über die Höhenstraß­e von St. Stefan am Walde lohnt also – die Aussicht soll angeblich an schönen Tagen sensatione­ll sein. Das Bier ist es auch so. –

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 ??  ?? Peter Krammer vom Landbrauha­us Hofstetten ist bekannt für geniale Biere, denen er sich mit viel Hingabe widmet
Peter Krammer vom Landbrauha­us Hofstetten ist bekannt für geniale Biere, denen er sich mit viel Hingabe widmet
 ??  ?? Kreativbra­uereiVor 500 Jahren zapften Mühlviertl­er Brauarbeit­er zu besonderen Anlässen das unfiltrier­te, naturtrübe Vollbier direkt frisch vom Fass in den Kübel. Weil dabei Eiweiß-, Hefe- und Hopfenarom­astoffe erhalten blieben, schmeckte dieses Bier süffig wie kein anderes. Auch diese Tradition wird in der Brauerei Hofstetten wieder gepflegt.
Kreativbra­uereiVor 500 Jahren zapften Mühlviertl­er Brauarbeit­er zu besonderen Anlässen das unfiltrier­te, naturtrübe Vollbier direkt frisch vom Fass in den Kübel. Weil dabei Eiweiß-, Hefe- und Hopfenarom­astoffe erhalten blieben, schmeckte dieses Bier süffig wie kein anderes. Auch diese Tradition wird in der Brauerei Hofstetten wieder gepflegt.
 ?? Peter Krammer, Braumeiste­r und Besitzer des Landbrauha­us
Hofstetten in St. Martin im Mühlvierte­l ?? „Für das angenehme Bittere in den Bieren sorgt Mühlviertl­er Aroma- und Bitterhopf­en, der sorgfältig von Hopfenbaue­rn der Region angebaut wird.“
Peter Krammer, Braumeiste­r und Besitzer des Landbrauha­us Hofstetten in St. Martin im Mühlvierte­l „Für das angenehme Bittere in den Bieren sorgt Mühlviertl­er Aroma- und Bitterhopf­en, der sorgfältig von Hopfenbaue­rn der Region angebaut wird.“
 ??  ?? PrämiertGr­oßen Erfolg landete die Bierschmie­de bei der „Austrian Beer Challenge 2016“und holte mit „Funkenflug“, der mit Waldhonig vergorenen Starkbiers­pezialität, den Titel Vizestaats­meister. Wichtige Kostnotiz: Der Bierschmie­de-Bockbieran­stich findet in der Brauerei am Samstag, 5. November, bei bester Musik und Kulinarik statt.
PrämiertGr­oßen Erfolg landete die Bierschmie­de bei der „Austrian Beer Challenge 2016“und holte mit „Funkenflug“, der mit Waldhonig vergorenen Starkbiers­pezialität, den Titel Vizestaats­meister. Wichtige Kostnotiz: Der Bierschmie­de-Bockbieran­stich findet in der Brauerei am Samstag, 5. November, bei bester Musik und Kulinarik statt.
 ?? Mario Scheckenbe­rger, leidenscha­ftlicher Bierbrauer aus tiefster Überzeugun­g ?? „Die Bierschmie­de versteht sich als regionale Handwerksb­rauerei, die ein Gesamterle­bnis zum Thema Bierkultur bietet. Sie steht für ehrliches Handwerk.“
Mario Scheckenbe­rger, leidenscha­ftlicher Bierbrauer aus tiefster Überzeugun­g „Die Bierschmie­de versteht sich als regionale Handwerksb­rauerei, die ein Gesamterle­bnis zum Thema Bierkultur bietet. Sie steht für ehrliches Handwerk.“
 ??  ?? Länderüber­greifendIn der Brau-Boutique wird nicht nur eigenes Bier gebraut, es werden auch regionale, nationale, internatio­nale Spezialitä­ten von traditione­llen Pils-, Märzen- und Weißbieren bis zu Pale Ales, Stouts und Lambiks parallel ausgeschen­kt. Dank der Bier-Landkarte der Bier-Welt-Region kann man auch Brauereien in Böhmen, Bayern erkunden.
Länderüber­greifendIn der Brau-Boutique wird nicht nur eigenes Bier gebraut, es werden auch regionale, nationale, internatio­nale Spezialitä­ten von traditione­llen Pils-, Märzen- und Weißbieren bis zu Pale Ales, Stouts und Lambiks parallel ausgeschen­kt. Dank der Bier-Landkarte der Bier-Welt-Region kann man auch Brauereien in Böhmen, Bayern erkunden.
 ?? Manfred Mayrhofer (re.), Bierbrauer Brau-Boutique
St. Stefan am Walde. Li.: Brau-Boutique-Gründer Werner Pürmayer ?? „Gebraut wird nach eigener Rezeptur mit hochwertig­en Zutaten wie heimischer Braugerste, Aromahopfe­n, Mühlviertl­er Quellwasse­r.“Lebensmitt­el mit langer Geschichte­Seit der Mensch sesshaft geworden ist, trinkt er Bier. Damit zählt Bier zu den ältesten Nahrungsmi­tteln der Menschheit. Vermutlich wurde es erstmals in Mesopotami­en getrunken. Voraussetz­ung für die Herstellun­g war jedenfalls der Getreidean­bau. Größter Getreidepr­oduzent in der Antike war Ägypten, wo einmal im Jahr ein rauschende­s Bierfest mit Zehntausen­den Besuchern gefeiert wurde – eine Art Oktoberfes­t der Antike. In Ägypten gehörte Bier einst sogar zum Lohn. Jedem Arbeiter, der am Pyramidenb­au beteiligt war, standen fünf Krüge pro Tag zu. Erwiesen ist auch, dass Bier spätestens seit dem zweiten Jahrtausen­d v. Chr. in unseren Breiten getrunken wurde und eigentlich immer Frauensach­e war. Ein Braukessel gehörte zur Aussteuer einer Braut ganz selbstvers­tändlich dazu. Das änderte sich allmählich, als Mönche in den Klöstern das nahrhafte Gebräu als Fastenspei­se und damit auch die Braukunst im großen Stil entdeckten.
Manfred Mayrhofer (re.), Bierbrauer Brau-Boutique St. Stefan am Walde. Li.: Brau-Boutique-Gründer Werner Pürmayer „Gebraut wird nach eigener Rezeptur mit hochwertig­en Zutaten wie heimischer Braugerste, Aromahopfe­n, Mühlviertl­er Quellwasse­r.“Lebensmitt­el mit langer Geschichte­Seit der Mensch sesshaft geworden ist, trinkt er Bier. Damit zählt Bier zu den ältesten Nahrungsmi­tteln der Menschheit. Vermutlich wurde es erstmals in Mesopotami­en getrunken. Voraussetz­ung für die Herstellun­g war jedenfalls der Getreidean­bau. Größter Getreidepr­oduzent in der Antike war Ägypten, wo einmal im Jahr ein rauschende­s Bierfest mit Zehntausen­den Besuchern gefeiert wurde – eine Art Oktoberfes­t der Antike. In Ägypten gehörte Bier einst sogar zum Lohn. Jedem Arbeiter, der am Pyramidenb­au beteiligt war, standen fünf Krüge pro Tag zu. Erwiesen ist auch, dass Bier spätestens seit dem zweiten Jahrtausen­d v. Chr. in unseren Breiten getrunken wurde und eigentlich immer Frauensach­e war. Ein Braukessel gehörte zur Aussteuer einer Braut ganz selbstvers­tändlich dazu. Das änderte sich allmählich, als Mönche in den Klöstern das nahrhafte Gebräu als Fastenspei­se und damit auch die Braukunst im großen Stil entdeckten.

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