Kurier Magazine - Oberösterreich
AUF DER SUCHE NACH CRISTIANO RONALDO
Der Naturreichtum Oberösterreichs lässt sich kaum beziffern. Geführte Touren zeigen die Schönheit und den Wert – und manchmal begegnet man dabei sogar einem millionenschweren Fußballer.
Auf der Anhöhe angekommen, hört das gleichmäßige PloppPlopp der Hufen abrupt auf, das Pferd schnaubt zufrieden und kaut an der Trense. Der Blick des Helden schweift über die uralte Gebirgswelt und dann ins weite Tal hinab. Erst später wird er den Banditen effektvoll das Handwerk legen. Aber jetzt ist er für einen stillen Moment im Einklang mit der verschwenderisch schönen Natur – diese Szene kennt man aus unzähligen Western- und Abenteuer-Filmen. Die gute Nachricht für Outdoor-Fans: Wem die Begegnung mit der »
Wildnis auf der Leinwand zu wenig ist, der wird gerade in den vielseitigen Landschaften Oberösterreichs – zwischen Böhmerwald und Dachsteingebirge – mehr als fündig. Das Land profitiert vor allem von seinen reichen Waldreserven. Sie fungieren nicht nur als Frischluftlieferant und Erholungsraum für den Menschen. Ein intaktes Waldökosystem zählt, was Tiere und Pflanzen betrifft, weltweit zu den artenreichsten Lebensräumen. Sokommenauch passionierte Reiter und die, die es noch werden wollen, auf ihre Kosten.
Die Zügel im Griff. Insgesamt durchziehen 300 Kilometer Wanderreitwege die Gegend im und um den Nationalpark Kalkalpen – vom Kremstal über Steyr- und Ennstal bis Pyhrn-Priel. Inzwischen haben sich einige Höfe und Hütten auf sattelfeste Gäste eingestellt und bieten mehrtägige Tourenmit Wanderreit führern an. Einer von ihnen ist zum Beispiel Michael Schwarzlmüller aus Reichraming im Ennstal.
Am Rand des Hintergebirges führt er regelmäßig Gruppen von bis zu sieben Reitern auf eine lange Schleife tief in die Natur. Mit Einbruch der kalten Jahreszeit werden die Touren – vor allem auch witterungsbedingt – kürzer. Was sich ebenfalls verändert, ist der Zauber der Landschaft. „Im Wald ist es dann ganz ruhig. Man hört keinen Vogel singen“, beschreibt Schwarzlmüller einen typischen Winterausflug. „Das Knistern im Schnee, das Schnaufen und Dahinstapfen der Pferde – das hat ein besonderes Flair.“Steht dann nach vier oder fünf Stunden die Rückkehr in die urige Holzknechthütte an, ist die Freude unter den Teilnehmern für gewöhnlich trotzdem groß: „Dann gibt es Glühmost, meine Frau Gitti bereitet etwas Deftiges zum Essen und es läuft der Schmäh“, sagt Schwarzlmüller mit einem Lächeln. Übrigens: Auch unerfahrene Reiter können mit einer Pferdestärke die Natur entdecken. Sitzfleisch vorausgesetzt, wagen sie den Ausritt auf einem der geduldigen Haflinger.
Das Voran- und Fortkommen, das Erwachen der eigenen Sinne, das Staunen über die wechselnde Landschaft und die Mischung aus Für-sich-sein und der Austausch mit Gleichgesinnten: Das alles macht den Reiz gemeinschaftlicher Natur-
Viele Spiel- und Wissensstationen am Wegesrand: „Wald der Kinder“am Pettenfirst
Umwelt- und Landschaftsschutz sensibilisieren und langfristig auch im Alltag Auswirkungen haben. Von Kanufahrten über Moor- und Sumpfwanderungen bis zu selbstgepflückten Wildkräuterpicknicks ist alles dabei. Gegen Ende des Jahres dünnt das Programm zwar aus, aber auch im November und Dezember gibt es immer noch die Möglichkeit zum Beispiel mit Lamas durchs Mühlviertel zu trekken oder im Naturpark AtterseeTraunsee ins Waldmeer einzutauchen und das Fährtenlesen zu üben. In Zusammenarbeit mit dem OÖ. Landesmuseum und dem Oberösterreich Tourismus wurde die Veranstaltungsreihe, die sich vor allem an Familien, Schulen und Gruppen richtet, 2010 mit 1900 Teilnehmern gestartet. Inzwischen hat das Projekt starke Wurzeln geschlagen: Im vergangenen Jahr nahmen 22.566 Personen an den diversen Führungen teil. Damit ist das Naturschauspiel auch für Oberösterreichs Wirtschaft ein Faktor: Die 1149 Führungen im Jahr 2015 brachten einen direkten bzw. indirekten Umsatz von rund 787.500 Euro.
Mit einem Samstagstermin Mitte November geht die Naturschauspiel Veranstaltung „Im Atelier der Natur“für heuer in die letzte Runde. Am Stadtrand von Steyr im Naturschutzgebiet der Unterhimmler Au erleben die Teilnehmer gemeinsam mit Hermann Hirner den Reichtum an Farben und Formen der Umgebung – und nutzen ihn, um eigene Kunstwerke zu erschaffen.
Ronaldo als Naturgeist. „Manchmal benötigen die Teilnehmer einen kleinen, kreativen Stups, weil sie nicht wissen, wie sie anfangen sollen, aber dann sind sie mit großer Begeisterung dabei“, erzählt Hermann Hirner. „Erst vor ein paar Wochen war ich mit Volksschülern aus der vierten Klasse unterwegs. Eine der Aufgaben war, ihre Idole zu zeichnen.“Die Kinder sammelten dafür fleißig allerlei Naturmaterialien – Äste, Laub, Steine
– und formten sie am Boden zu einer Figur. „Während die Mädchengruppe die Lehrerin mit stylischen Frisuren abbildeten, haben sich die Buben für den Fußballer Cristiano Ronaldo entschieden“, so Hirner, „Sie haben seine Pose wirklich gut hinbekommen. Auch seine Rückennummer, die Sieben, war zu sehen.“Das kreative Arbeiten ist dabei vielschichtiger, als man meinen könnte: „Die Kinder erfassenimwa hrsten Sinnedes Wortes die Natur: mit bloßen Händen“, erklärt Hirner. In der naturbelassenen Aulandschaft der Steyr lernen sie aber nicht nur die Ressourcen der Umwelt und die Wichtigkeit des schonenden Umgangs mit ihnen kennen. Sie kommen auch in Kontakt mit einer viel umfassenderen Botschaft. „Wenn das Kunstwerk fertiggestellt wird, kann es nicht mitgenommen werden. Wir müssenesder Naturundihren Kräften überlassen“, erklärt Hirner. „Damit fügen wir uns dem Kreislauf des Lebensaus Nehmenund Geben. “Was die Schüler mit nach Hause nehmen können, ist das Natur- und Gemeinschaftserlebnis an sich. Als kostbare Erinnerung bleibt es dann aber umso länger am Leben. –