Kurier Magazine - Oberösterreich
Mühltalhof
Als Reisejournalist hat man ja schon vieles gesehen, aber nie zuvor habe ich mehr gestaunt als im Mühltalhof in Neufelden, Mühlviertel. Es beginnt schon bei der Lage. Das Vier-Sterne-Hotel liegt direkt am Flussufer der aufgestauten Großen Mühl. Rundum nur Grün und herrliche Geruhsamkeit. Das Staunen zieht sich weiter in die Suite, an der man sich tagelang ergötzen kann. Die Detailfreudigkeit, der Mix aus Altem und neuen Design ist verblüffend. Ständig muss man schmunzeln. Über die alte Leiter im Bad, die als Handtuchhalter dient, über die Industriewasserhähne in Rot und Grün. Über das WC, das in alter Technik mit Musterwalzen ausgemalt ist. Vor dem Hintergrund hängen stilvoll im Bugholz-Zeitungshalter die Oberösterreichischen Nachrichten vom 11. August 1983. Dadurch erfährt man, dass Denver-Clan-Star Linda Evans sich niemals einer Schönheits-OP unterziehen würde. Ok, das war 1983. Weiter im Rundgang: Im Wohnzimmer der Suite wartet ein 12-bändiges Lexikon aus dem vorigen Jahrhundert, das ob der Gebrauchsspuren offensichtlich im Schein der supercoolen Designlampen häufig vom Regal genommen wird. Kurz und gut: Dieses lässige Wohndesign verbindet Ländlichkeit mit Modernität und das mit selten charmantem Witz. Was uns direkt in die Drei-Hauben-Küche des Genießerhotels führt. Dort arbeiten mit Helmut und Sohn Philip Rachinger zwei Spitzenköche. Beide gelten als Ausnahmeerscheinungen unter den Chefs des Landes. Kostprobe: kalt geräucherter Saibling mit Kohlrabi und Kerbel, Steinpilzemit Unternberger Pfirsich und blauem Basilikum, Flusskrebse mit Kürbis, Physalis und Kreuzkümmel. Gut möglich, dass man nach einem 6-Gang-Menü einen leichten Muskelkater am Gaumen verspürt, denn die Geschmacksnerven werden hier auf wunderbar sinnliche Weise herausgefordert und verwöhnt. Als Helmut Rachinger dann ganz selbstverständlich erklärt, dass man selten nach Rezept, noch nach irgendwelchen Aufzeichnungen kocht, verblüfft das erst recht. „Wir haben nahezu alles im Kopf. Nichts ist starr, wir versuchen uns ständig weiterzuentwickeln. Was auf den Teller kommt ist vorrangig und dabei gehen wir auch ungewöhnliche Kombinationen ein. Jo, so san wir“, schmunzelt Rachinger senior mit einer Nonchalance, die unglaublich sympathisch und bodenständig wirkt. Dabei steckt dahinter enormer Fleiß, Kreativität und ein feines Gefühl für das richtige Maß der Dinge. Dafür wurde der Mühltalhof schon mit etlichen Auszeichnungen, darunter „bestes Restaurant Oberösterreichs“und drei Hauben belohnt – und damit letztlich auch der Gast, der sein Glück an diesem unaufgeregt schönen Ort gar nicht fassen kann.