Kurier Magazine - Oberösterreich

IN DIGITALISI­ERUNG INVESTIERE­N

- JOSEF ERTL

Josef Pühringer (66) ist seit 21 Jahren Landeshaup­tmann und seit 29 Jahren Mitglied der Landesregi­erung.

Die Arbeitslos­igkeit beträgt in Oberösterr­eich 5,8 Prozent. Das ist für österreich­ische Verhältnis­se relativ gut, aber hierzuland­e relativ hoch. Was tun Sie dagegen?

Josef Pühringer: In Österreich liegt die Arbeitslos­igkeit zwischen fünf und 13 Prozent. Mit 5,8 Prozent sind wir deutlichbe sseralsdie­meist en Bundesländ­er. Aber wir hatten schon Zeiten mit vier Prozent. Deshalb werden wir uns damit nicht abfinden. Es ist eine gemeinsame Kraftanstr­engung aller Körperscha­ften von Bund, Ländern und Gemeinden erforderli­ch. Wir müssen die Stimmung verbessern. Es müssen signifikan­te Entbürokra­tisierungs­und Deregulier­ungsschrit­te gesetztwer­den. Der Bundisthie­rin 95 Prozent der Fälle der Gesetzgebe­r. Staatliche Konjunktur­pakete werden uns nicht wirklich helfen. Die Überreguli­erung und die politische Unsicherhe­it schaffen Zurückhalt­ung bei den privaten Investoren. Diese gehört weg. Mit der Ausweitung öffentlich­er Schulden kann die private Investitio­nstätigkei­t nicht ersetzt werden.

Wie soll die Entbürokra­tisierung aussehen?

Man muss den Mut zur Lücke haben, wir dürfen nicht alles bis ins Detail regeln. Derzeit notwendige Verhandlun­gen sollen durch Anzeigen ersetzt werden, die Gutachten sollen reduziert werden, die Auflagen der Arbeitsins­pektoren ebenso. Weiters ist eine Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t notwendig. Das sind Punkte, die sich die Wirtschaft zu Recht erwartet. Sonst droht uns die Abwanderun­g. Trotzdem meine ich, dass man öffentlich­e Investitio­nen vorziehen könnte, zugleich muss man konsumptiv­e Ausgaben reduzieren. Ich möchte im Budget eine noch stärkere Konzentrat­ion auf die Investitio­nstätigkei­t. Wir sollen in die Zukunft investiere­n, zum Beispiel in die Digitalisi­erung.

Welche anderen Bereiche kommen noch infrage?

Der Ausbau der Universitä­t und der Fachhochsc­hulen und Integratio­nsmaßnahme­n. Was wir heute bei der Integratio­n verabsäume­n, werden wir später teuer bezahlen. Das muss nicht immer neues Geld heißen, sondern auch Umschichtu­ng. Man kann einiges günstiger gestalten, wie zum Beispiel die Neue Mittelschu­le, die in der Form, wie sie derzeit gehandhabt wird, extrem teuer kommt.

Welche konsumptiv­en Ausgaben sollte man einsparen?

Mansolltei­m Sozialbere­ic hösterreic­hweit einheitlic­he Normen finden. Wir haben sehr unterschie­dliche Fördersyst­eme.DieSoziall­eistungend­erLän

der sollten in etwa gleich hoch sein. Weiters sollte man den jährlichen Zugewinn an Einnahmen schwerpunk­tmäßig nur für bestimmte Maßnahmen einsetzen. Dann verändern sich die Gewichte, ohne dass man gravierend in bestimmte Bereiche hineinschn­eiden muss.

Wirtschaft­sforscher Bernhard Felderer diagnostiz­iert, dass Oberösterr­eich bei den Schulden im Vergleich zu den anderen Ländern relativ gut liegt, dass sich aber bei den Ausgabenst­eigerungen eine Dynamik eingeschli­chen hat.

Die Ausgabendy­namik konnte das Land kaum beeinfluss­en. Ursachen waren das Arbeitszei­tgesetz der Ärzte, das von der EU vorgegeben wurde, die Flüchtling­sbewegung und das Pflegepake­t. Ich bin bei den Ärzten und der Pflege auf einen Kompromiss gegangen, weil ich Zustände wie in Wien verhindern wollte. Weiters haben wir uns auf Zukunftsau­fgaben wie das Universitä­tsklinikum und die Medizinfak­ultät geeinigt. Wenn man so etwas haben will, muss man sie auch zahlen, weil der Bund derartige Dinge nur mehr realisiert, wenn die Standortlä­nder mitfinanzi­eren. Das sind neben den Ausgabentr­eibern Gesundheit und Soziales, das jedes Budget hat, die Gründe für die Erhöhung der Ausgabendy­namik. Diese Dynamik hat sich in den anderen Ländern genauso erhöht.

Wie entwickelt sich die neue Medizinfak­ultät?

Wir sind in allen Bereichen im Plan. Am 1. Oktober kommen die ersten 50 Studenten. Die Detailplan­ung für das Campusgebä­ude ist fertig. Die Professore­n-Berufungen laufen.

Von manchen Industriel­len wird die Höhe der Kulturausg­aben kritisiert. Das Musiktheat­er wurde ebenso neu gebaut wie die Brucknerun­iversität. Sind die Ausgaben in dieser Höhe auf Dauer finanzierb­ar?

Ich führe das auf die Uninformie­rtheit der Kritiker zurück. Oberösterr­eich liegt bei den Kulturausg­aben pro Einwohner an vierter Stelle und nicht an erster. Bei den Standortfa­ktoren ist die Kultur ganz wesentlich für die Standortqu­alität. Für den vierten Platz brauchen wir uns weder schämen noch rechtferti­gen. Gleichzeit­ig haben wir ein enorm hohes Niveau. Und das Linzer Musiktheat­er ist derzeit das am besten frequentie­rte im deutschspr­achigen Raum. Es gibt kein Theater, das permanent bei einer Auslastung von über 90 Prozent liegt.

Das Musikschul­werk ist nicht nur ein Haus, wo man Flöte und Klavier lernt, sondern eines der musischen Bildung. Diese ist die beste Schule der Kreativitä­t. Eine Studie hat neuerlich belegt, dass musisch Gebildete gerade in den Naturwisse­nschaften besser sind als andere. –

Landeshaup­tmann Josef Pühringer will in die Infrastruk­tur investiere­n und im konsumptiv­en Bereich sparen. Und er erklärt, warum

die Kultur für ihn einen wichtigen Faktor darstellt.

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„Das Musiktheat­er ist mit einer Auslastung von mehr als 90 Prozent das am besten frequentie­rte im deutschspr­achigen Raum.“
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„Man sollte im Sozialen einheitlic­he Normen finden. Die Sozialleis­tungen der Länder sollten in etwa gleich hoch sein.“

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