Kurier Magazine - Oberösterreich
„Wachstumsmotor Industrie“
Was macht die Industrie so wichtig für den Standort Oberösterreich?
Herwig Schneider: Die Industrie Oberösterreichs treibt als Wachstumsmotor die Leistungsfähigkeit der gesamten (ober-)österreichischen Wirtschaft an. Durch zahlreiche Verflechtungen ist die Industrie – weit über ihren zentralen Tätigkeitsbereich hinaus – mit industrie- und produktionsnahen Betrieben und Unternehmen aus dem Tertiären Sektor verbunden, welche ihre Rolle als Berater, Händler, Zulieferer u.v.m. wahrnehmen. In keinem anderen Bundesland hat die Industrie eine höhere Bedeutung.
Was heißt das in der Praxis?
Oberösterreichische Industrieunternehmen erwirtschaften den höchsten Produktionswert, den höchsten Umsatz und die höchste Bruttowertschöpfung im Bundesländervergleich. Über ein Viertel der Erwerbstätigen der Industrie ist in oberösterreichischen Industrieunternehmen beschäftigt.
Wo liegen die Herausforderungen für den Standort?
Die zukünftigen Herausforderungen für den Standort liegen aus Sicht des IWI vor allem an den vorhandenen Rahmenbedingungen. Optimale Rahmenbzw. Standortbedingungen sind einwesentliches Kriteriumfürdie Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen und maßgebliche Determinante für die Standortwahl. IWI- Unternehmensbefragungen der letzten Jahre weisen immer wieder darauf hin, dass ein akuter Handlungsbedarfzur Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen besteht.
Welche Schwerpunkte müssen gesetzt werden?
Neben der kontinuierlichen Arbeit an den allgemeinen Rahmenbedingungen wie Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital und Infrastruktur, bedarf es einer noch intensiveren Fokussierung
Herwig Schneider, Chef des IWI, über die Zugkraft der Industrie, die wichtige Fokussierung auf Forschung &Entwicklung, mittelständische Familienunternehmen und verbesserungswürdige Rahmenbedingungen.
auf das Thema Forschung, Technologie und Innovation (FTI). Oberösterreichische Industrieunternehmen können vor allem am Qualitätswettbewerb und auf Nischenmärkten reüssieren. Um auf diesen Märkten auch in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen stetig neue Produkt- und Prozessinnovationen in immer kürzer werdenden Abständen, durch das Schrumpfen der Produktlebenszyklen, entwickelt werden. Öffentliche Entscheidungsträger – vor allem auf Ebene des Landes – sind gefragt, den Stellenwertvon FTI zuerhöhenundeine dementsprechende Priorisierung von F&E-Ausgaben und Förderungen im Landesbudget zu bewerkstelligen.
Welche Maßnahmen müssen noch auf dem Sektor Forschung & Entwicklung getroffen werden?
Oberösterreichische Industrieunternehmen sind am F&E-Sektor sehr aktiv. Kein anderes Bundesland weist in den letzten Jahren, ich spreche vom Zeitraum 2009 bis 2013, höhere jährliche Wachstumsraten bei den F&EAusgaben der Unternehmen auf. Das sind rund elf Prozent pro Jahr. Auch die F&E-Beschäftigtenzahlen nehmen in diesem Zeitraum deutlich, um rund sieben Prozent pro Jahr, zu. Bei der F&E-Finanzierung sind Zuwächse auch durch ausländische Investoren zu beobachten. Die Abhängigkeit von ausländischen Geldgebern kann bei Fortschreiten dieser Entwicklung insoferneine Gefahrwerden, dadie Kontrolle der F&E-Aktivitäten zusehends von ausländischen Akteuren übernommen wird. Die Finanzierung der F&E-Ausgaben muss in Zukunft auch von staatlicher Seite intensiviert und sichergestellt werden bzw. müssen neue Wege gefunden werden, wie sich private Investoren beteiligen können.
Gerade bei den mittelständischen Unternehmen gibt es viele Familienunternehmen. Ist das ein Vorteil?
Der Vorteil der strategisch-nachhaltigen Ausrichtung von Familienunternehmen zeigt sich vor allem in Krisensituationen, wie z. B. in der im Jahr 2008 ausgehenden Finanz- und Wirtschaftskrise. Unternehmerische Werte und eine auf Langfristigkeit ausgelegte Strategie sind neben überdurchschnittlichen Eigenkapitalquoten entscheidende Gründe dafür.
Rund ein Viertel der österreichischen Exporte wird von oberösterreichischen Unternehmen getätigt. Warum sind die Oberösterreicher so exportorientiert?
Das liegt aus Sicht des IWI zum einen an den exportorientierten Wirtschaftsbranchen, die in Oberösterreich überdurchschnittlich stark vertreten sind. Die Industrie gilt im Vergleich zu Branchen des primären oder tertiären Sektors als überdurchschnittlich exportorientiert. Innerhalb der Industrie gilt wiederum der Automotive Sektor als „Exportweltmeister“. Beide – die Industrie per se und der Automotive Sektor als ein Teilbereich – haben in Oberösterreich eine überdurchschnittliche Bedeutung, was die hohe Exportquote erklärt. Zum anderen ist auf die geografische Lage Oberösterreichs zu verweisen, das mit Deutschland, dem mit Abstand größten Handelspartner Österreichs, eine gemeinsame Grenze bildet.