Kurier Magazine - Oberösterreich

„Kein zweites Silicon Valley“

- STEPHAN SCOPPETTA

Als Start-ups noch Exoten in Österreich waren, war Bernhard Lehner schon als Business-Angel dabei. Jetzt vernetzt der Oberösterr­eicher gemeinsam mit Michael Eisler die Startup-Szene in Österreich.

startup 300 istein Unternehme­n, das 85 Investoren unter einem Dach vereinigt. Aber was machen Sie überhaupt?

Bernhard Lehner: startup300 ist im Grunde ein Business-Angel-Netzwerk. Wir haben die Kraft von 85 Unternehme­rpersönlic­hkeiten beziehungs­weise Business-Angels gebündelt und machen jetzt dieses Wissen und Netzwerk den Start-ups zugänglich. Das passiert auf Basis eines strukturie­rten Prozesses. Wobei wir nicht nur investiere­n, sondern Unternehme­n aktiv mitentwick­eln.

Mitglied bei startup300 zu sein ist also ein Qualitätss­iegel?

Michael Eisler und ich als Personen bürgen für Qualität. Würden wir Verspreche­n nicht einhalten oder andere Dummheiten machen, dann würden wir in Zukunft keine Deals mehr machen. Wir stehen mit unseren Namen ein, dass unser Netzwerk so funktionie­rt, wie wir das ankündigen und verspreche­n. Unsere beste Visitenkar­te sind jene Start-ups, die mit uns zusammenar­beiten.

Ihr Unternehme­n ist seit rund einem Jahr auf dem Markt. Geht das Konzept auf?

Unser Konzept ist bisher zu 100 Prozent aufgegange­n. Aber wir haben erkannt, dass wir noch in einigen Bereichen Optimierun­gspotenzia­l haben. Ein großes Zukunftsth­ema für uns ist zum Beispiel die Anschlussf­inanzierun­g. Die Frage „Wo bekommt ein Start-up in der zweiten oder dritten Phase frisches Geld?“ist nicht ganz einfach zu lösen. Internatio­nal gibt es viele Möglichkei­ten. In Österreich gibt es derzeit nur einen namhaften Beteiligun­gsfonds und das ist Speedinves­t.

Bernhard Lehner, Vorstand des Business-Angel-Netzwerks startup300, über die träge mittelstän­dische Industrie in Oberösterr­eich, findige junge Unternehme­n, Optimierun­gspotenzia­l und den Erfolg in der Nische.

Hier ist die gesamte heimische Start-up-Szene am Grübeln, wie wir das Problem lösen. Auch für uns im Speziellen ist es ein Thema, denn wir halten bis zum Jahresende rund 20 Beteiligun­gen und diese werden schon bald zusätzlich­es Geld für Wachstum brauchen.

Verdienen Sie schon Geld an den Startups?

Nochnicht, aber für die Startphase war das auch nicht die Erwartung unserer Gesellscha­fter. Dochirgend­wannsollte sich startup300 durch den Verkauf der einen oder anderen Beteiligun­g selbst tragen können.

Ihr Hauptsitz ist Oberösterr­eich. Wäre Wien, Berlin oder London nicht besser?

Es gibt eine persönlich­e Verbundenh­eit und auch eine sich entwickeln­de Start-up-Szene. Mit der Fachhochsc­hule Hagenberg haben wir zum Beispiel eine extrem wertvolle Ressource, aus der heraus sich bereits einige findige junge Unternehme­n entwickelt haben. Auch das Land Oberösterr­eich scheint steigendes Interesse am Thema Start-up zu entwickeln.

Schlägt sich auch die Nähe zur Industrie positiv nieder?

Ja, aber nur bedingt. Besonders die mittelstän­dische Industrie könnte etwas innovative­r sein. In diesem Segment, so habe ich den Eindruck, ruht man sich noch sehr auf den Lorbeeren der Vergangenh­eit aus, und diese Unternehme­n laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Wir haben es uns aber zur Aufgabe gemacht, auch hier wieder frischen Wind reinzubrin­gen.

Droht nicht schon bald eine Überhitzun­gsgefahr im heimischen Startup-Markt?

Ich finde es gut, dass die Aufmerksam­keit derzeit groß ist, und wir sind noch weit weg von einer Überhitzun­g des Marktes. Gut ist auch, dass Gründer heute mehr gesellscha­ftliche Anerkennun­g bekommen und das schlägt sich auch in einem gehobenen Selbstbewu­sstsein und manchmal in überzogene­n Bewertunge­n nieder. Doch in Gesprächen lässt sich das mit Argumenten gut austariere­n. Gut ist auch die zunehmende Profession­alisierung in Österreich. Sowohl die Start-ups wie auch die Investoren haben in den letzten Jahren deutlich dazugelern­t.

Wie kann sich Österreich als Standort für Gründer internatio­nal etablieren?

Wir sollten in Österreich nicht versuchen, ein zweites Silicon Valley aufzubauen, sondern eine digitale Nische suchen, die zu unseren Stärken passt. Ein Paradebeis­piel dafür sind die Gründer Bitmovin. Die Kärntner haben eine Streaming-Technologi­e entwickelt, die zu Apple und Netflix eine gute Alternativ­e ist und sich mittlerwei­le reger Nachfrage erfreut. Auch der Industrie-4.0-Pionier Linemetric­s, bietet tolle Sensortech­nik für industriel­le Produktion­sunternehm­en. In den Spezialmär­kten war Österreich schonimmer­sehrstark und diese Tradition sollten wir auch in der digitalen Welt weiter pflegen.

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Seit einem Jahr ist Bernhard Lehner mit seinem Unternehme­n startup300 auf dem Markt

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