Kurier Magazine - Oberösterreich
„Kein zweites Silicon Valley“
Als Start-ups noch Exoten in Österreich waren, war Bernhard Lehner schon als Business-Angel dabei. Jetzt vernetzt der Oberösterreicher gemeinsam mit Michael Eisler die Startup-Szene in Österreich.
startup 300 istein Unternehmen, das 85 Investoren unter einem Dach vereinigt. Aber was machen Sie überhaupt?
Bernhard Lehner: startup300 ist im Grunde ein Business-Angel-Netzwerk. Wir haben die Kraft von 85 Unternehmerpersönlichkeiten beziehungsweise Business-Angels gebündelt und machen jetzt dieses Wissen und Netzwerk den Start-ups zugänglich. Das passiert auf Basis eines strukturierten Prozesses. Wobei wir nicht nur investieren, sondern Unternehmen aktiv mitentwickeln.
Mitglied bei startup300 zu sein ist also ein Qualitätssiegel?
Michael Eisler und ich als Personen bürgen für Qualität. Würden wir Versprechen nicht einhalten oder andere Dummheiten machen, dann würden wir in Zukunft keine Deals mehr machen. Wir stehen mit unseren Namen ein, dass unser Netzwerk so funktioniert, wie wir das ankündigen und versprechen. Unsere beste Visitenkarte sind jene Start-ups, die mit uns zusammenarbeiten.
Ihr Unternehmen ist seit rund einem Jahr auf dem Markt. Geht das Konzept auf?
Unser Konzept ist bisher zu 100 Prozent aufgegangen. Aber wir haben erkannt, dass wir noch in einigen Bereichen Optimierungspotenzial haben. Ein großes Zukunftsthema für uns ist zum Beispiel die Anschlussfinanzierung. Die Frage „Wo bekommt ein Start-up in der zweiten oder dritten Phase frisches Geld?“ist nicht ganz einfach zu lösen. International gibt es viele Möglichkeiten. In Österreich gibt es derzeit nur einen namhaften Beteiligungsfonds und das ist Speedinvest.
Bernhard Lehner, Vorstand des Business-Angel-Netzwerks startup300, über die träge mittelständische Industrie in Oberösterreich, findige junge Unternehmen, Optimierungspotenzial und den Erfolg in der Nische.
Hier ist die gesamte heimische Start-up-Szene am Grübeln, wie wir das Problem lösen. Auch für uns im Speziellen ist es ein Thema, denn wir halten bis zum Jahresende rund 20 Beteiligungen und diese werden schon bald zusätzliches Geld für Wachstum brauchen.
Verdienen Sie schon Geld an den Startups?
Nochnicht, aber für die Startphase war das auch nicht die Erwartung unserer Gesellschafter. Dochirgendwannsollte sich startup300 durch den Verkauf der einen oder anderen Beteiligung selbst tragen können.
Ihr Hauptsitz ist Oberösterreich. Wäre Wien, Berlin oder London nicht besser?
Es gibt eine persönliche Verbundenheit und auch eine sich entwickelnde Start-up-Szene. Mit der Fachhochschule Hagenberg haben wir zum Beispiel eine extrem wertvolle Ressource, aus der heraus sich bereits einige findige junge Unternehmen entwickelt haben. Auch das Land Oberösterreich scheint steigendes Interesse am Thema Start-up zu entwickeln.
Schlägt sich auch die Nähe zur Industrie positiv nieder?
Ja, aber nur bedingt. Besonders die mittelständische Industrie könnte etwas innovativer sein. In diesem Segment, so habe ich den Eindruck, ruht man sich noch sehr auf den Lorbeeren der Vergangenheit aus, und diese Unternehmen laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Wir haben es uns aber zur Aufgabe gemacht, auch hier wieder frischen Wind reinzubringen.
Droht nicht schon bald eine Überhitzungsgefahr im heimischen Startup-Markt?
Ich finde es gut, dass die Aufmerksamkeit derzeit groß ist, und wir sind noch weit weg von einer Überhitzung des Marktes. Gut ist auch, dass Gründer heute mehr gesellschaftliche Anerkennung bekommen und das schlägt sich auch in einem gehobenen Selbstbewusstsein und manchmal in überzogenen Bewertungen nieder. Doch in Gesprächen lässt sich das mit Argumenten gut austarieren. Gut ist auch die zunehmende Professionalisierung in Österreich. Sowohl die Start-ups wie auch die Investoren haben in den letzten Jahren deutlich dazugelernt.
Wie kann sich Österreich als Standort für Gründer international etablieren?
Wir sollten in Österreich nicht versuchen, ein zweites Silicon Valley aufzubauen, sondern eine digitale Nische suchen, die zu unseren Stärken passt. Ein Paradebeispiel dafür sind die Gründer Bitmovin. Die Kärntner haben eine Streaming-Technologie entwickelt, die zu Apple und Netflix eine gute Alternative ist und sich mittlerweile reger Nachfrage erfreut. Auch der Industrie-4.0-Pionier Linemetrics, bietet tolle Sensortechnik für industrielle Produktionsunternehmen. In den Spezialmärkten war Österreich schonimmersehrstark und diese Tradition sollten wir auch in der digitalen Welt weiter pflegen.
–