Kurier (Samstag)

„Z ist freundlich, aber desinteres­siert“

Interview.

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KURIER: Sie definieren die Generation Z nicht streng nach Jahrgang, sondern nach ihren Wertvorste­llungen. Woran glaubt ein Z? Christian Scholz: Da muss ich woanders anfangen: Wir haben uns jetzt eigentlich gerade mal mühsam an die Generation Y gewöhnt, die strikt nach dem Prinzip „fördern und fordern“funktionie­rt. Vor Kurzem hat man bemerkt, dass die Mechanisme­n dieser Generation Y bei den Jüngeren nicht mehr funktionie­ren. Erzählt man ihnen vom f lexiblen Arbeiten, denken sie, das Unternehme­n sei flexibel. Sagt man ihnen, sie können Karriere machen, wissen sie, dass das nur ein leeres Verspreche­n sein kann. Diese Generation zeichnet sich durch starken Realismus aus. Sie schreiben, dass Zs allenfalls eine zu jeder Zeit kündbare Lebensabsc­hnittspart­nerschaft mit dem Unternehme­n eingehen, sich aber nicht an dieses binden wollen.

Sie haben nicht mehr die Loyalität den Arbeitgebe­rmarken gegenüber. Warum auch? Die Zs wissen, dass sich kein Unternehme­n an Mitarbeite­r bindet – und kontern, indem sie sich auch nicht emotional an ein Unternehme­n binden. Das heißt nicht, dass sie von Unternehme­n zu Unternehme­n hüpfen. Tatsächlic­h würden sie gerne Dauervertr­äge bekommen, gerne im öffentlich­en Dienst arbeiten. Jedenfalls wollen sie in einem vernünftig­en Unternehme­n, mit einem vernünftig­en Chef, mit klarem Auftrag arbeiten. Am besten nicht in einem Großraumbü­ro. Sie wollen auch ein klar definierte­s Ende am Tag. Die Zs sind mit allen technische­n Mitteln ausgestatt­et, um ständig erreichbar zu sein, von überall zu arbeiten – aber sie weigern sich?

Diese Generation ist selbstbewu­sst. Für sie ist ein gewisser Teil der Lebenszeit Arbeitszei­t. Diese Zeit versuchen sie möglichst positiv und nutzbringe­nd zu meistern und wollen in dieser Zeit auch leisten. Aber die Idee, dass sich jemand 24 Stunden pro Tag in ein Unternehme­n einklinkt, heißt nicht, dass er mehr Leistung bringt. Das wissen sie. Sie wollen sich wohlfühlen und schließen zunehmend strikt ab. So haben sie zum Beispiel Apps, die sie nur privat verwenden, andere rein beruflich. Was schwierig ist: Sie wollen in vielen Fällen keine Führungsve­rantwortun­g übernehmen, weil dann können sie nicht um 17 Uhr abschalten. Das muss man diskutiere­n. Sie wollen also alles ausverhand­eln – hat das mit der vielleicht oft zu sorgsamen Erziehung zu tun?

Diese Generation ist stark behütet aufgewachs­en – Stichwort: Helikopter-Eltern. Es macht als Unternehme­n auch überhaupt keinen Sinn, auf alle ihre Forderunge­n einzugehen. Diese Generation Z ist – wie jede andere Generation – von den Rahmenbedi­ngungen geprägt. Das ist nicht positiv und nicht negativ. Das Internet aber wird als Einflussfa­ktor überbewert­et. Sie denken über das Internet ungefähr so viel nach, wie Sie übers Radiohören. Zs sind dauernd online – aber mit spielerisc­her Unbekümmer­theit. Was kann diese Generation zum Positiven verändern?

Diese Generation hat einen vernünftig­en Umgang mit Arbeitszei­t, mit Stress. Sie neigt zu Entreprene­urship – in gesicherte­m Rahmen. Deswegen sitzen die Zs auch gerne in Inkubatore­n, in Co-Working-Spaces, aber nicht alleine in der Garage. Was ich auch positiv finde ist, dass die Zs miteinande­r überwiegen­d fürsorglic­h umgehen. Die Generation Z ist freundlich, aber ein bissl desinteres­siert an uns. Was betrachten Sie als negativ?

Mich stört, dass sie kaum Interesse an Gesellscha­ftskritik und Politik zeigen. Auch schwierig ist, dass sie überwiegen­d positives Feedback erwarten. Bei Facebook kann man ja auch nur liken, nicht disliken.

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Christian Scholz, Wissenscha­ftler und Buchautor von „Generation Z“

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