Wie viel Traum mu
Mit Arbeit verdient man Geld, sucht Anerkennung, Selbst
Ein Mann, angesehener Herzchirurg, Mitte 50, kommt eines Tages drauf, dass seine große Leidenschaft das Lkw-Fahren ist. Also zieht er die für ihn einzig wahre Konsequenz: Er wird Lkw-Fahrer und glücklich.
„Inspirierend, beflügelnd! Man kann also doch den Traumjob finden, es braucht nur Mut“, kommentiert Autor und Vortragender Volker Kitz diese Geschichte vor Kurzem in einem Spiegel- Artikel. Sein nächster Satz holt die Leser auf den Boden zurück: „Stellen wir uns vor, diese Geschichte hätte umgekehrt begonnen.“Es ist beinahe unmöglich, als 56-jähriger LkwFahrer Herzchirurg zu werden. Die Chance auf die Erfüllung im unerreichbaren Job ist schwindend klein.
Die Gesellschaft bestünde eher aus Menschen, so Kitz, die ihre Jobs nicht so einfach wechseln können. Solche Geschichten seien verzerrend und brächten sie unbegründet ins Grübeln. Denn nun erwarten auch sie das ultimative Glücksgefühl im Job. Kitz will beruhigen: „Man muss für seinen Job nicht brennen.“
Ein Satz, der zum Nachdenken anregt. Braucht es wirklich kein Feuer im Job? Ist die Ansicht, seine Tage mit etwas zu füllen, das die Augen glänzen und das Herz schnell pumpen lässt, überholt? Andererseits: Wer immer nur nach diesem Glänzen lechzt, wird bald an seine Grenzen stoßen – und verzweifeln. Wie viel Traum muss also im Job stecken?
Der Traum vom Traumjob
Mit dieser Frage beschäftigt sich die Gesellschaft noch nicht so lange. Etwa 20 Jahre ist es her, da waren Geld, Ansehen und Aufstieg die Haupttreiber der Motivation. Selbstverwirklichung? Sinn- und Glückssuche? Die verlegte man in die Freizeit. Doch die Zeiten ändern die Menschen. Heute darf es nicht weniger als der Traumjob sein, beten uns Ratgeber und Coaches vor. „Dieses Thema entwickelte sich ähnlich wie die Ehe: Früher heiratete man aus rationalen Gründen. Heute muss der Partner sexuelle Anziehung, Intellekt und Humor mitbringen, muss uns verstehen und die Sünden vergeben“, sagt Sinnforscherin Tatjana Schnell, Professorin an der Uni Innsbruck. „Wir haben auch in der Arbeit ähnlich überhöhte Erwartungen. Wir erwarten nicht nur sinnerfülltes Arbeiten, wir wollen, dass Arbeit allein un-