Kurier (Samstag)

„Im Wort Leidenscha­ft steckt auch Leiden“

Karrierefr­au.

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Annika Wolf ist Rechtsanwä­ltin bei PHH Rechtsanwä­lte. Mit 33 Jahren hat sie bereits ein JusStudium, Jobs an der WU, in Kanzleien im In- und Ausland und ein LMA-Studium in England hinter sich. Heute arbeitet sie zwölf bis 14 Stunden am Tag. Warum? KURIER: Was ist Ihr größter Motivator? Annika Wolf: Ein Streben nach mehr. Mehr an Wissen, mehr an Können. Je mehr Projekte man hat, desto besser kann man sie lösen. Welche Rolle spielen für Sie Aufstieg und Gehalt?

Man bringt viel Einsatz und investiert in den Job. Es ist ein steiniger Weg, auch wenn er Spaß macht. Es ist schon wichtig, dass es eine Würdigung gibt, Geld allein ist aber ein schlechter Motivator. Dennoch ein wichtiger Teil des Erfolges. Warum haben Sie diesen Weg eingeschla­gen?

Ich habe als Kind in der Bücherei das „Buch der 1000 Berufe“gesehen. Ich schlug es auf und da stand: Wirtschaft­sanwalt. Das wollte ich unbedingt werden (lacht). Ich hatte immer diesen Plan vor Augen, auch, wenn das Ziel sehr weit entfernt war und manchmal Opfer abverlangt hat. Welche Opfer waren das?

Als Anwalt muss man sich herantaste­n, das Studium ist lang, Arbeitstag­e auch, ich habe schon drei Millionen Geburtstag­e und Treffen verpasst, der Job ist nicht immer optimal planbar. Was erwarten Sie im Gegenzug von Ihrer Arbeit?

Keine Langeweile. Und die Möglichkei­t, das zu machen, was ich gut kann. Welche Rolle spielt bei Ihnen Selbstverw­irklichung?

Ich übe einen Job in einem Unternehme­n aus, das ich ausgewählt habe und das ebenso mich ausgewählt hat. Die Unternehme­nsziele decken sich mit meinen eigenen, ich kann mir ein Leben ohne meinen Job nicht vorstellen – aber ich habe auch andere Sachen die mir wichtig sind. Wie viel Traum muss in einem Job stecken?

Im Wort Leidenscha­ft steckt auch das Leiden drin – das kann sehr intensiv werden. Manche Menschen wählen weniger Verantwort­ung im Job und haben dafür mehr Energie für andere Dinge in der Freizeit. Möglicherw­eise ist das für manche der bessere Weg – man steckt nicht so viel Herzblut in den Job, macht ihn ohne Druck und hat mehr Raum für andere Interessen. Unsere Gesellscha­ft wäre, denke ich, miserabel beieinande­r, wenn es nur so Leute wie mich gäbe.

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