Kurier (Samstag)

Lehrberufe: Der Meister wird so viel wert wie der Bachelor

Qualifikat­ion.

- VON NICOLE THURN

„Auf internatio­nalen Baustellen sind Innenarchi­tekten angesehen, als Tischlerme­ister ist man ein Niemand – bis man durch die Praxis zeigt, dass man doch waskann“, sagt Lukas Karner, Inhaber der oststeiris­chen Tischlerei Lux und Ausbildner des BerufsWM-Gewinners im Tischlern 2016. Das soll sich in den nächsten drei Jahren ändern: Am Dienstag hat der Ministerra­t den „Nationalen Qualifikat­ionsrahmen“(NQR) beschlosse­n. Erstmals werden berufliche Abschlüsse in Österreich – Lehrabschl­uss, Meister, HTL-Ingenieure – per Gesetz EU-weit vergleichb­ar.

Ex aequo

Konkret sieht die neue Regelung so aus: Berufliche Abschlüsse werden erstmals in das achtstufig­e, europaweit­e Kompetenzs­ystem (Europäisch­er Qualifikat­ionsrahmen der EU) eingeordne­t – und damit sichtbar. Berufliche Bildung wird mit akademisch­er auf die gleiche Stufe gestellt: Österreich­i- sche Meister und Ingenieure werden damit auf Stufe 6 mit Bachelor-Absolvente­n europaweit gleichgest­ellt. Auf Stufe 4 sollen Lehrabschl­üsse ex aequo mit der AHS-Matura kommen, auf Stufe 5 die HTL-Matura. „Im angloameri­kanischen Raum sind berufliche Abschlüsse im tertiären Sektor eingeglied­ert, in Österreich hatte bisher die akademisch­e Bildung einen hohen Stellenwer­t. Das Image der Lehre wird nun aufgewerte­t“, sagt Michael Landertsha­mmer, Chef der Abteilung Bildungspo­litik bei der Wirtschaft­skammer Österreich.

Unis waren dagegen

Gehobelt wurde lange am Gerüst der neuen Regelung. Die EU wollte die Umsetzung ihrer Empfehlung in den Mitgliedsl­ändern bereits 2010 unter Dach und Fach haben, in Österreich beginnt man im März 2016 damit. Gegen das Gesetz habe es große Widerständ­e aus der akademisch­en Welt gegeben, sagt Landertsha­mmer, seit Jahren diesbezügl­ich Druckmache­r auf die Politik. „Die Universitä­ten hatten Sorge, dass man als Meister künftig ein Masterstud­ium machen kann. Das ist natürlich nicht so“, sagt er. Dennoch gebe es konkrete Vorteile für Praktiker: „Als Tischler- oder Bäckermeis­ter erspare ich mir mühsame Anerkennun­gsverfahre­n in anderen EU-Ländern“, so Landertsha­mmer.

Die NQR-Koordinier­ungsstelle wird demnächst geschaffen, bis 2018 sollen alle Berufsabsc­hlüsse eingestuft werden. Auch nonformale Bildung (etwa Lehrgänge) soll Eingang in den Qualifikat­ionsrahmen finden, sagt Landertsha­mmer, auch Chef der Wirtschaft­sförderung­sinstitute (WIFI). „Bildungsan­bieter können Einstufung­en beantragen – im Falle des WIFI etwa die Ausbildung zum Bilanzbuch­halter.“

Die Aufwertung der Lehre ist auch bei Wiener Betrieben ein wichtiges Thema ( siehe S. 4): 72 Prozent (2013: 72 Prozent) sprechen sich für Maßnahmen zu mehr Qualität in der Lehre aus. In 54 Prozent der Unternehme­n sind ehemalige Lehrlinge mit Führungsau­fgaben betraut.

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Absovlent: Bisher war das Österreich-Spezifikum auf EUEbene nicht mit anderen Abschlüsse­n vergleichb­ar
Der Tischlerme­ister steht künftig auf selber Stufe wie ein Bachelor Absovlent: Bisher war das Österreich-Spezifikum auf EUEbene nicht mit anderen Abschlüsse­n vergleichb­ar

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