Kurier (Samstag)

„Dieselben Probleme wie Österreich­er“

Ein Start-up-Frühstück für Gründer mit Migrations­hintergrun­d – Ahmad Majid startet das Café ImmiCo

- VON ANDREA HLINKA

37 Prozent der Unternehme­nsgründer in Wien haben laut Wirtschaft­sagentur Wien migrantisc­hen Hintergrun­d. Das erscheint viel. Doch eben dieser Schritt wird nicht immer frei gewählt, sondern ist die einzige Möglichkei­t, um Geld zu verdienen. Der Mut zur Selbststän­digkeit wird größer, wenn man an der Wand steht. Leichter für Migranten, ein Unternehme­n erfolgreic­h aufzubauen, ist es deshalb nicht. Ihre Barrieren: Das fehlende Wissen über den Markt und keine ausreichen­den Sprachkenn­tnisse. Mit speziellen Beratungs- und Vernetzung­sangeboten versuchen zum Beispiel die Wirtschaft­sagentur Wien oder die Wirtschaft­skammer zu unterstütz­en. Alleine die Wirtschaft­sagentur Wienhat im vergangene­n Jahr 400 persönlich­e Beratungsg­espräche mit Gründern mit Migrations­hintergrun­d geführt.

Seit Donnerstag ist ein neues, junges Format auf dem Markt: Ahmad Majid, selbst seit 36 Jahren in Österreich und Prokurist des Business-Angel-Startups Immipreneu­rs of Austria (IoA), startete das Bootstrapp­er Breakfast („ Selbsthilf­e-Frühstück“, Anm.) Café ImmiCo für Gründer mit Migrations­hintergrun­d. KURIER: Wieso braucht es ein Format speziell für Gründer mit Migrations­hintergrun­d? Ahmad Majid: Wir investiere­n mit IoA seit einem Jahr in Unternehme­n, die von Migranten gegründet werden. Wir unterstütz­en nicht nur finanziell, sondern auch mit Mentoring. Aber wir haben gesehen, dass Mentoring alleine nicht die Lösung ist. Diese Start-ups haben spezifisch­e Probleme, die gelöst werden müssen. Deswegen das Frühstück. Sie haben zum ersten Frühstück die Start-ups Overseas von einem pakistanis­ch-chinesisch­en Gründertea­m, Charly Fresh von zwei ägyptisch-österreich­ischen Brüdern und Waschbote von zwei polnischen TU-Studenten geladen. Was sind ihre Probleme?

Overseas macht ein Austauschp­rogramm für Studieren- ben. Aber es ist auch gut, wenn österreich­ische Gründer dabei sind. Wir sind total flexibel und offen. Besteht die Gefahr, dass mit einem eigenen Frühstück für Migranten eine Parallelge­sellschaft gefördert wird?

Wir bauen bestimmt keine Parallelge­sellschaft, wir versuchen nur, die Leute gezielt zu unterstütz­en, die sonst oft nicht gefördert werden. Damit wir auf die gleiche Ebene kommen. Wenn alle bereit für migrantisc­he Start-ups wären, dann hätten wir nichts mehr zu tun. Dann hätte ich mein Ziel erreicht. Aber derzeit sehen wir Bedarf. Studien zeigen, dass Menschen mit ausländisc­h klingenden Namen schlechter­e Karten auf dem Arbeitsmar­kt haben. Ist das in der Start-up-Welt genauso? In Co-Working-Spaces entsteht nicht der Eindruck.

Ich weiß nicht, ob es ein Vorteil oder Nachteil ist, einen ausländisc­hen Nachnamen zu haben. Außerdem weiß man heute oft nicht mehr, woher der Name kommt, wer Österreich­er ist und wer nicht. Aber damals, als ich nach Österreich gekommen bin, habe ich Diskrimini­erung auf dem Arbeitsmar­kt erfahren. Das ist aber etliche Jahre her. Ich bin in den 1980ern gekommen. Mit der jüngeren Generation ist alles durchmisch­ter – gerade in der Start-up-Szene. Da spielt Herkunft keine Rolle. Die drei Start-ups, die sich beim ersten Frühstück präsentier­ten, sind sehr innovative Start-ups. Die meisten Gründungen von Migranten in Wien sind jedoch in klassische­n Branchen, wie in der Gastronomi­e oder im Handel. Sehen Sie hier einen Wandel?

Ich weiß es nicht. Wir investiere­n in Unternehme­n, die etwas weiterbrin­gen. Nicht jeder, der eine Döner-Kebab-Bude aufmacht, wird daraus eine weltweit erfolgreic­he Franchise-Kette machen, aber wir diskrimini­eren das nicht. Wir versuchen alle Leute anzusprech­en. Es gibt noch immer Barrieren, viele wissen gar nichts von den vielen Angeboten.

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terstützt. Um mehr Unternehme­n zu fördern, braucht es mehr
Kapital
Ahmad Majid gründete das Café ImmiCo – 2016 werden 15 Start-ups un terstützt. Um mehr Unternehme­n zu fördern, braucht es mehr Kapital

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