Kurier (Samstag)

Was bleibt, wenn die Großen gehen

Faber-Castell, Playmobil, Haribo – mit dem Ableben großer Chefs geht auch viel Wissen verloren

- VON MAGDALENA VACHOVA

Was bleibt vom Inhaber, der das Familienun­ternehmen jahrzehnte­lang führt, wenn er nicht mehr da ist? Sind seine Werte fest genug im Unternehme­n verankert? Wie entwickelt es sich ohne seine starke, fast väterliche Führung? Gedanken, die Firmen oft lange nicht haben. Bis es zu spät ist.

Vergangene Woche ist Anton-Wolfgang Graf von FaberCaste­ll im Alter von 74 Jahren verstorben. 1978 übernahm er in achter Generation das Unternehme­n seines Vater und führte jahrzehnte­lang als Chef das Stift-Imperium. 2016 erwartet das Unternehme­n600Millio­nen Euro Umsatz. Vergangene­s Jahr ist 81-jährig der PlaymobilC­hef Horst Brandstätt­er verstorben. Er stieg mit 19 Jahren ins Familienun­ternehmen ein – und blieb. An Ruhestand dachte er auch im hohen Alter nicht. Bis zuletzt war er jeden Tag im Büro. Vor zwei Jahren verstarb im Alter von 91 Jahren auch Hans Riegel, Chef von Haribo. Er führte das Unternehme­n 67 Jahre lang, beschäftig­t weltweit mehr als 7000 Mitarbeite­r.

Die Frage, mit der sich patriarcha­lisch geführte Unternehme­n mit dem Ableben ihrer Chefs konfrontie­rt sehen, ist: Bleiben wir stabil? Michael Bartz ist Professor an der IMC Fachhochsc­hule Krems und beschäftig­t sich mit Management­modellen der Vergangenh­eit und der Zukunft. Er sagt, die Werte der alten Manager würden im Kern der Traditions­unternehme­n weiterlebe­n. Neue Unternehme­n würden sich ganz anders aufstellen.

Strenges Regiment

Die Entwicklun­g der Führungswe­rte ging Hand in Hand mit der Technologi­sierung. „Vor 1950 fand die Messung von Zielen nur auf kilometerw­eise Papier und mittels Rechenschi­ebern, die von zentralen Planern bedient wurden, statt. Das kostete unendlich viel Zeit, war unübersich­tlich“, erklärt Bartz. Unternehme­n wurden deshalb meist streng hierarchis­ch geführt. „Es war ein ständiges Ziehen und Drücken an der Belegschaf­t not- wendig. Personenbe­zogene Führung war ein optimales Management­system.“Denn bis in die 70er-Jahre war Arbeit streng getaktet – Produktivi­tät und Effizienz waren das Maß aller Dinge, ständig wurden Durchlaufz­eiten am Fließband optimiert. Das Thema Wohlbefind­en bei der Arbeit? Damals noch nebensächl­ich oder nicht berücksich­tigt. Funktionie­rte ein Mitarbeite­r nicht, tauschte man ihn aus. „Die Präsenz des Chefs am Arbeitspla­tz aber, sich jeden Tag bei den Mitarbeite­rn in der Produktion zu zeigen – das war sehr wichtig.“

Erst Ende der 80er-Jahre, mit neuen IT-Möglichkei­ten, öffnete sich das Management auch modernen Themen wie Mitarbeite­rführung und Kundenzufr­ie-

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Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell starb vergangene Woche. Er war fast 40 Jahre Chef seines Schreibwar­enUnterneh­mens
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PlaymobilI­nhaber Horst Brandstätt­er:
Er war bis zuletzt jeden Tag im Büro seiner Firma
Einer der erfolgreic­hsten Unternehme­r der Nachkriegs­zeit: Haribo-Chef Hans Riegl lenkte 67 Jahre lang sein Unternehme­n PlaymobilI­nhaber Horst Brandstätt­er: Er war bis zuletzt jeden Tag im Büro seiner Firma

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