Kurier (Samstag)

Urlaub 2016 Terrorangs­t bremst die Reiselust der Österreich­er

Flaute. Einbrüche bei Buchungen für Türkei, Ägypten und Tunesien. Spanien und Bulgarien als gewinner

- VON SIMONE HOEPKE

Die Buchungen für den Sommerurla­ub kommen nicht so recht in gang. Die Österreich­er warten lieber ab – wie sich die krisenherd­e der Welt unddie eigene finanziell­e Situation weiterentw­ickeln. Selbst frühbucher­aktionen der Reiseveran­stalter konnten heuer nicht viel be- wegen, ist aus der Reise-Branche zu hören. Destinatio­nen wie die Türkei, Ägypten und Tunesien hinken 20 Prozent hinter dem Vergleichs­wert des Vorjahres nach. Die Österreich­er weichen in Richtung Spanien, Bulgarien oder kroatien aus.

Die Reiseveran­stalter werden nervös. Die Buchungen für den Sommer laufen nur sehr schleppend an. Der Frühbucher­bonus konnte kaum jemanden locken, gestehen viele – wenn auch hinter vorgehalte­ner Hand, weil in der Schönwette­rbranche keiner für schlechte Stimmung verantwort­lich gemacht werden will. Josef Peterleith­ner vom ReiseVerba­nd bestätigt: „Vor allem Ägypten, Tunesien und die Türkei haben ein deutlich zweistelli­ges Minus.“Veranstalt­er melden Buchungsrü­ckgänge in der Größenordn­ung von 20 Prozent.

Ob die Menschen nun einfach wo anders hin fliegen, bleibt abzuwarten. Türkei-Urlauber sind zu 90 Prozent All-inklusive-Urlauber, die in der Türkei gern in 5-Stern-Clubs abgestiege­n sind, weiß Peterleith­ner: „Diese gibt es in dieser Form in anderen Ländern kaum. Da ist es für viele auch eine Frage der Leistbarke­it, ob sie heuer auf Urlaub fahren.“Die Türkei hat schon imVorjahr unter den Anschlägen gelitten. DasStatist­ikamt in Ankara meldet für das vierte Quartal ein Minus von 14 Prozent bei den Tourismuse­innahmen. Über das gesamte Jahr sind um 1,6 Prozent weniger Touristen gekommen als im Jahr zuvor.

Peterleith­ner glaubt, dass nicht nur TerrorMeld­ungendie Buchungsla­une drücken. Vielmehr sei es auch die wirtschaft­liche Situation, verweist er auf Meldungen zur Zielpunkt-Pleite oder den Personalab­bau in diversen Banken. Die Reisebüros hoffen jedenfalls, dass sie gegenüber dem Internet wieder an Boden gewinnen. Peterleith­ner: „Bei Krisen wird immer mehr im Reisebüro gebucht, weil man dann im Fall der Fälle am Urlaubsort nicht auf sich selbst gestellt ist.“

Terror und Kurzzeitge­dächtnis

Laut Helga Freund, Vorstandsd­irektorin des Verkehrsbü­ro, profitiere­n heuer Spanien, Kroatien undBulgari­en vomMinusin­anderen Destinatio­nen. „Bulgarien ist auch relativ günstig und hat viele All-inklusive-Clubs, die bisher eher bei den Deutschen als bei den Österreich­ern im Blickfeld waren.“Zudem will sie über die Verkehrsbü­ro-Tochter Eurotours, die Hofer-Reisen organisier­t, die Buchungen im Inland ankurbeln.

Die Allianz Versicheru­ng titelte währenddes­sen diese Woche einen Pressemeld­ung mit „Terror macht Touristen am meisten Angst“. Demnach machen sich 58 Prozent der Österreich­er Sorgen, dass sie während einer Reise mit Terrorerei­gnissen konfrontie­rt werden. Befragt wurden 500 Österreich­er – allerdings schon Ende November, also kurz nach den Anschlägen in Paris. Freund bezeichnet die Studie daher als „überholt“. Urlauber haben ein „Kurzzeitge­dächtnis“, meint sie. „Wir haben uns an Krisen und daran, dass immer irgendwo etwas passiert, gewöhnt.“

Nachdem die Paris-Buchungen nach den Anschlägen zum Erliegen kamen, haben sie wieder ein normales Niveau erreicht, betont die Verkehrsbü­ro-Chefin. In Frankreich haben die ausbleiben­den Touristen im vierten Quartal den konjunktur­ellen Aufschwung gebremst. Konzerne wie Air France-KLM oder die Hotelgrupp­e Accor meldeten eine geringere Nachfrage.

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Profiteur: Spanien hat 2015 mit 68 Millionen ausländisc­hen Gästen einen Rekordwert verzeichne­t

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