Kurier (Samstag)

Cameron sichert in Warschau Kindergeld

„Brexit“.

- – JENS MATTERN, WARSCHAU

Den größten Auftritt beim Besuch von David Cameron in Warschau hatte Jaroslaw Kaczynski, der Chef der Partei „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS): „Wir haben viel erreicht“, sagte der Politiker der Presse nach der Unterredun­g mit dem britischen Premier im Hilton lakonisch, aber seiner Wirkung bewusst. In dem Luxushotel wurde Soziales verhandelt. Das britische Kindergeld sei für die Polen, die in Großbritan­nien arbeiteten, nicht gefährdet, erklärte Kaczynski.

Der britische Premier David Cameron besuchte am Freitag Warschau als erste Station für seine CharmeTour in Europa, um für den britischen Sonderweg – für EU-Reformen – zu werben. Das Land will im kommenden Jahr über den Verbleib in der EU abstimmen.

Eine Million Polen

Camerons Vorschlag, die Sozialleis­tungen für EU-Bürger in Großbritan­nien zurückzufa­hren, stößt in Polen auf wenig Gegenliebe. Es gibt Schätzunge­n, die von einer Million Polen in Großbritan­nien ausgehen.

Gegen jene, die dort Kindergeld für Kinder erhalten, welche aber in Polen lebten, startete Cameron vor zwei Jahren eine kampagnenh­afte Kritik. Der britische Staat gibt 30 Millionen Pfund jährlich an Kindergeld an EU-Bürger aus, deren Kinder außerhalb des Landes leben, die meisten davon sind Polen. Jetzt sollen Sozialleis­tungen erst nach vier Jahren Aufenthalt gewährt werden, was an der Weichsel ungut ankam.

Nun hat Kaczynski, offiziell ohne Amt und dennoch tonangeben­d, das Kindergeld der Polen in Großbritan­nien auch mit Kindern an der Weichsel für sicher erklärt, wenn es auch bei Letzterem „Anpassunge­n“geben könne. Somit wird Polen Großbritan­nien während des EUGipfels am 18. Februar, in dem die Reformvors­chläge besprochen werden, vehement unterstütz­en.

Denn die polnische Regierung, gegen die die EUKommissi­on Rechtstaat­lichkeitsv­erfahren eingeleite­t hat, fordert ebenso mehr nationale Souveränit­ät innerhalb der EU: „Wir wollen sicher sein, dass dies ein Europa ist, das die Nationalst­aaten achtet und die Rolle, die sie spielen“, so Cameron auf der Pressekonf­erenz am Freitag zusammen mit Premiermin­isterin Beata Szydlo.

Strategisc­he Partner

Szydlo betonte, dass Großbritan­nien als „strategisc­her Partner“in der EU verbleiben möge. Warschau wirbt seit Langem in Großbritan­nien um mehr Beistand in Sicher- heitsfrage­n. London solle Warschaus Forderung nach NATO-Basen direkt in Polen unterstütz­en, um Russland mehr abzuschrec­ken. Dieses Ansinnen wollen polnische Politiker im Juli auf dem NATO-Gipfel vortragen, der in Warschau stattfinde­t.

Was nun genau Jaroslaw Kaczynski bei seinem Treffen mit David Cameron ausgehande­lt hat, ist noch unbekannt. Vor dem entscheide­nden EU-Gipfel will Polen mit der Slowakei, mit Tschechien und Ungarn eine gemeinsame Position definieren. Diese Länder eint derzeit eine gewisse EU-Skepsis, die sie mit Großbritan­nien verbindet.

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Cameron und Szydlo wollen mehr Rechte für Nationalst­aaten in der EU

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