Die Ausreden der Drängler
Nur 14 Prozent kennen richtigen Abstand zum vorderen Auto. Polizei bestätigt das
„Der vor mir ist auf der linken Spur gefahren. Das ist doch mindestens genauso schlimm.“Oder: „Er hat plötzlich die Geschwindigkeit reduziert. So schnell konnte ich nicht reagieren“– um Ausreden sind die Drängler und Auffahrer auf Österreichs Autobahnen nie verlegen. Der eigentliche Grund: Geradeeinmal14Prozentder Autofahrer wissen, wie groß der Abstand zum Vordermann tatsächlich sein soll, ergab eine Studie des Institutes alles-führerschein (siehe auch Interview unten).
Die Polizisten Gottfried L. und Astrid S. von der Landesverkehrsabteilung NÖ haben die typischen Ausreden alle schon einmal gehört. „Viele reden sich auf den Vordermann aus“, erzählt L. Beliebt sei auch der Klassiker, man könne sich nicht mehr richtig erinnern.
Strafe ab 0,8 Sekunden
L. steht auf einer Autobahnbrücke über der A2 und montiert Kameras, mit denen die Polizei Abstandsündern zu Leibe rückt. 1,5 bis zwei Sekunden Abstand sind ideal. Gestraft wird aber nur, wer unter 0,8 Sekunden Distanz hält. Unter 0,5 Sekunden gibt es eine Vormerkung im Führerscheinregister. Beim zweiten Mal Erwischtwerden gibt es eine Nachschulung, beim dritten Mal einen Führerscheinetzug. Doch das kommt kaum vor, pro Jahr sitzen gerade einmal 50 Personen in den Nachschulungen.
Drängeln ist allerdings kein Kavaliersdelikt, jeder vierte Unfall ist ein Auffahrunfall. Kein Wunder, würden doch viele Lenker gar nicht wissen, wie viel Meter Distanz sie halten müssen, bestätigen L. und seine Kollegen aus der Praxis. Manche Fälle lassen selbst erfahrene Polizisten fassungslos zurück: „Es gibt Fahrer, die bei 130 km/h nur sechs, sieben Meter Abstand halten.“
Zuähnlichen Ergebnissen kam auch die Studie: Immerhin jeder zwölfte Lenker glaubt, dass auf der Autobahn maximal zehn Meter zum Vordermann ausreichend sind. 42 Prozent schätzen den notwendigen Abstand zu gering ein.
Mittlerweile läuft die Ka- mera, L. und seine Kollegin sitzen im Überwachungsfahrzeug und beobachten die Bildschirme. Nur wenige Minuten später wird bereits der erste Sünder erwischt.