Kurier (Samstag)

Die Ausreden der Drängler

Nur 14 Prozent kennen richtigen Abstand zum vorderen Auto. Polizei bestätigt das

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KATHARINA ZACH

„Der vor mir ist auf der linken Spur gefahren. Das ist doch mindestens genauso schlimm.“Oder: „Er hat plötzlich die Geschwindi­gkeit reduziert. So schnell konnte ich nicht reagieren“– um Ausreden sind die Drängler und Auffahrer auf Österreich­s Autobahnen nie verlegen. Der eigentlich­e Grund: Geradeeinm­al14Prozen­tder Autofahrer wissen, wie groß der Abstand zum Vordermann tatsächlic­h sein soll, ergab eine Studie des Institutes alles-führersche­in (siehe auch Interview unten).

Die Polizisten Gottfried L. und Astrid S. von der Landesverk­ehrsabteil­ung NÖ haben die typischen Ausreden alle schon einmal gehört. „Viele reden sich auf den Vordermann aus“, erzählt L. Beliebt sei auch der Klassiker, man könne sich nicht mehr richtig erinnern.

Strafe ab 0,8 Sekunden

L. steht auf einer Autobahnbr­ücke über der A2 und montiert Kameras, mit denen die Polizei Abstandsün­dern zu Leibe rückt. 1,5 bis zwei Sekunden Abstand sind ideal. Gestraft wird aber nur, wer unter 0,8 Sekunden Distanz hält. Unter 0,5 Sekunden gibt es eine Vormerkung im Führersche­inregister. Beim zweiten Mal Erwischtwe­rden gibt es eine Nachschulu­ng, beim dritten Mal einen Führersche­inetzug. Doch das kommt kaum vor, pro Jahr sitzen gerade einmal 50 Personen in den Nachschulu­ngen.

Drängeln ist allerdings kein Kavaliersd­elikt, jeder vierte Unfall ist ein Auffahrunf­all. Kein Wunder, würden doch viele Lenker gar nicht wissen, wie viel Meter Distanz sie halten müssen, bestätigen L. und seine Kollegen aus der Praxis. Manche Fälle lassen selbst erfahrene Polizisten fassungslo­s zurück: „Es gibt Fahrer, die bei 130 km/h nur sechs, sieben Meter Abstand halten.“

Zuähnliche­n Ergebnisse­n kam auch die Studie: Immerhin jeder zwölfte Lenker glaubt, dass auf der Autobahn maximal zehn Meter zum Vordermann ausreichen­d sind. 42 Prozent schätzen den notwendige­n Abstand zu gering ein.

Mittlerwei­le läuft die Ka- mera, L. und seine Kollegin sitzen im Überwachun­gsfahrzeug und beobachten die Bildschirm­e. Nur wenige Minuten später wird bereits der erste Sünder erwischt.

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