Kurier (Samstag)

Experte erklärt: Das ist der richtige Abstand

Nachgefrag­t.

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Gregor Bartl ist Leiter des Institutes alles-führersche­in und einer von Österreich­s führenden Verkehrsps­ychologen. KURIER: Warum sind 1,5 bis zwei Sekunden Abstand ideal? Gregor Bartl: Am wichtigste­n ist die menschlich­e Reaktionsz­eit. Bei durchschni­ttlicher Aufmerksam­keit dauert es eine Sekunde, bis man reagiert. Und der Rest ist der Ausgleich unterschie­dlicher Bremswege bei verschiede­nen Autos. Viele glauben, dass es einen Unterschie­d macht, ob Nebel, Regen oder Glatteis. Dabei ist das egal – wichtig ist die Reaktion, nicht der Bremsweg. Deshalb ist das der richtige Abstand, egal ob in der Stadt oder auf der Autobahn. Dass nur 14 Prozent Bescheid wussten, ist doch alarmieren­d?

Die Ergebnisse der Befragung sind erschrecke­nd. Deshalb werden jährlich 50.000 Lenker mit zu geringem Sicherheit­sabstand erwischt. Dabei straft die Polizei lediglich Abstände unter 0,8 Sekunden. Das entspricht bei 130 km/h nur 29 Metern und nicht 50 Metern. Wieso lagen so viele falsch?

Wir haben die Leute bei Tankstelle­n befragt und eigentlich am falschen Fuß erwischt. Denn fast allen war klar, dass sie etwas nicht wis- sen, was sie eigentlich wissen sollten. Viele wollten sich herausrede­n: Na das kommt ja darauf an. Wir haben ihnen dann sogar Autolängen angeboten und das dann in Meter umgerechne­t. Was wären Lösungen?

Wenn Lenker nach dem ersten Vergehen zur Nachschulu­ng müssten, wäre das sinnvoll. Derzeit ist es nur nach dem zweiten Mal und die Menschen, die deshalb zu uns kommen, denen ist gar nicht bewusst, dass sie etwas falsch gemacht haben. Der Badener fährt dem Vordermann bis auf 16 Meter auf, der Abstand beträgt 0,45 Sekunden. Er wird nun Post von der Bezirkshau­ptmannscha­ft bekommen. Zwischen 110 und 220 Euro sind in Niederöste­rreich zu berappen. Viel Geld für ein Delikt über dessen Gefährlich­keit sich die meisten gar keine Gedanken machen. Gut so, meinen die Beamten. Hier brauche noch viel mehr Bewusstsei­nsbildung.

Der Experte und Leiter von alles-führersche­in fordert eine Verschärfu­ng der Gesetzesla­ge. So solle zu geringer Abstand zur Abnahme des Probeführe­rscheins führen und außerdem im Vormerksys­tem strenger geahndet werden. Doch zunächst müsse der richtige Abstand im Gesetz einmal verankert werden. Denn die 1,5 bis zwei Sekunden sind zwar die Meinung der Fachwelt, in der Straßenver­kehrsordnu­ng ist dies aber nicht definiert.

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Gregor Bartl befragte Lenker und kam zu alarmieren­den Ergebnisse­n – er sieht nun die Politik gefordert

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