Kurier (Samstag)

Polizeiübe­rgriff am Schwedenpl­atz: Gericht will sich nicht festlegen

Steißbeinb­ruch.

- VON RICARDO PEYERL

Der aus dem Ruder gelaufene (und mitgefilmt­e) Polizeiein­satz am Schwedenpl­atz in der Silvestern­acht 2014 war unverhältn­ismäßig und rechtswidr­ig. Zugleich war er auf die Strafproze­ssordnung gestützt und daher rechtmäßig. Zu diesem widersprüc­hlichen Ergebnis kommt das Verwaltung­sgericht Wien nach einjährige­m Verfahren. Erfolgvers­prechende Vorzeichen für einen Strafproze­ss gegen Polizeibea­mte, der die Umstände des Steißbeinb­ruchs einer Unternehme­rin ans Licht bringen könnte, sind das nicht. Ebenso wenig wie eine Grundlage für Schadeners­atzforderu­ngen.

Die angeheiter­te 47-Jährige war bei der Tankstelle in ei- ne Amtshandlu­ng geraten. Ein Großaufgeb­ot der Polizei war mit einem Raufhandel beschäftig­t. Die Frau löcherte die Beamten mit Fragen, wachelte mit ihrem Schlüsselb­und. Eine Polizistin tätschelte ihr besänftige­nd den Arm, änderte aber plötzlich ihre Körperhalt­ung auf Amtsperson. Das kann man auf dem von der Tankstelle aufgenomme­nen Video sehen bzw. erzählte es die Unternehme­rin. Die Beamtin soll die Fußgängeri­n zum Alkotest aufgeforde­rt haben, was diese entrüstet ver- weigerte. Dann wurde sie von einem Dutzend Polizisten umzingelt, bekam Rempler und wurde gegen eine Wand gezerrt, so dass sie stürzte. Das war unverhältn­ismäßig.

Handschell­en

Vor allem aber provoziert­e es Eskalation: Als sich die Frau wehrte und einem Beamten einen Schlag ins Gesicht versetzte, stürzten sich dessen Kollegen auf sie, brachten sie zu Boden, legten ihr Handschell­en an und sprachen die Festnahme aus. Diese rechtferti­gte laut Verwaltung­sgericht auch rückwirken­d alle Maßnahmen.

Obdie Festnahme notwendig war und maßvoll durchgefüh­rt wurde, wogegen der Steißbeinb­ruch der Unternehme­rin spricht, musste laut Verwaltung­sgericht in diesem Verfahren nicht geprüft werden. Dagegen hätte sich die Frau binnen sechs Wochen nach der Amtshandlu­ng bei der Staatsanwa­ltschaft beschweren können, wird ihr beschieden.

Die Ermittlung­en im Straf- verfahren sind seit Dezember 2015 abgeschlos­sen, das Justizmini­sterium muss Anklage oder Einstellun­g genehmigen. Entscheidu­ngsträger ist auch jener Sektionsch­ef Christian Pilnacek, der nach Ansicht des Videos erklärt hatte, es werde einem dabei „angst und bang.“

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Die Amtshandlu­ng bei der Tankstelle wurde gefilmt

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