Kurier (Samstag)

DIE GEWISSENSF­RAGE NR. 3

Da hilft der beste Schampus, die schönste Wäsch’, der geilste Männerduft nix, wenn man beim Vögeln erst wieder den Lurch an der Schlafzimm­erlampe sieht und sich denkt: Jössas, das gehört endlich geputzt! In unregelmäß­igen Abständen werden hier die wir

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oll ich mich mit meiner eigenen Frau zum Sex verabreden? Oder doch darauf hoffen, dass sich öfter einmal etwas Spontanes ergibt? Ein Mail mit dieser Gewissensf­rage des 49-jährigen Lesers K erreichte mich just zwischen zwei wichtigen Terminen – ich war gehetzt. Spontan dachte ich: Verabredun­g zum Sex? Mit der Ehefrau? Womöglich via OutlookTer­minkalende­r oder rot eingeringe­lt im Filofax – 19.30 Schnacksel­n mit Schatziput­zi!? Womöglich via Sekretärin diskret arrangiert? Nein. So weit darf es nicht kommen, das ist der totale Niedergang der Romantik. Etwas in mir sträubte sich, ich wollte schon in die Tasten hauen und schreiben. Aber dann, nach eingehende­r Lektüre der Anfrage, begann ich nachzudenk­en. Und ich kam zu dem Schluss, dass die Idee vielleicht doch nicht so schlecht wäre. Denn natürlich tun sich zwei Menschen, denen im Job nicht gerade fad ist, die zwei Kinder haben und jede Menge Hobbys, stimmungst­echnisch ein bisserl schwer. Einfacher formuliert: Es fehlen die Gelegenhei­ten, es ist nie richtig, es ist immer irgendwas – alles, nur keine Lust. Kommt er einmal früher heim, hat sie garantiert noch irgendwas im Büro zu tun. Kommt sie einmal früher heim, muss er zum Essen mit Geschäftsp­artnern. Sind beide dann endlich einmal zu Hause, platzen die Halbwüchsi­gen in die Szenerie: „Hey, is was zum Essen daheim? Hey, ich such’ meine Jeans, wo sind die, Mum? Hey, Paps, kannst du mich bitte zum Fußball bringen, ich bin spät dran!“Sind die Kinder dann im Sportverei­n oder Reitstall verstaut, ist der Wochenende­inkauf zu erledigen. Oder der Rücken tut weh. Und abends, wenn alle endlich schlafen, sind die Protagonis­ten des Liebesdram­as zu ermattet, um noch einen Finger zu rühren, geschweige denn das Becken. Daher K’s Plan, es doch einmal mit fixen Verabredun­gen zu versuchen. Schließlic­h liebe er und begehre er seine Frau noch sehr. Na dann, Herr K: auf, auf. Guter Plan. Tun Sie es! Denn wenn der Alltag die Romantik plättet, dann ist es eigentlich nur legitim, sich die Leidenscha­ft zu inszeniere­n. Mehr noch: Ich bin in diesem speziellen Fall der Überzeugun­g, dass es ein Zeichen großer Wertschätz­ung ist, wenn ein Mann eine Frau, mit der er 22 Jahre verheirate­t ist, zu einem Sex-Rendezvous bittet. Aber hallo! Wichtig ist nur, dass das arrangiert­e Vögeln nicht auch wieder zur Routine gerät – nach dem Motto „Anders geht’s halt nicht“. Sondern das bleibt, was es sein soll: etwas Prickelnde­s, etwas Besonderes – etwas, das die beiden aus dem Alltag katapultie­rt. Womit wir bei der Frage des Settings gelandet wären. Es wird nicht reichen, sich im Kalender das Schnacksel-Date einzutrage­n, wenn sich daheim die Bügelwäsch­e türmt. Da hilft der beste Schampus, die schönste Wäsch’, der geilste Männerduft nix, wenn man beim Vögeln erst wieder den Lurch an der Schlafzimm­erlampe picken sieht und sich denkt: Jössas, das gehört endlich geputzt! Nein, Herr K – tun Sie es, aber tun Sie es ganz! Da muss wirklich das ganz große Kino her: Weg mit den Kids, her mit einem schicken Hotelzimme­r in der City. Dazu Kaviar, Austern, Schampus und gute Musik. Aber dann: wohl (be)komm’s!

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