Kurier (Samstag)

Der Dauerbrenn­er

Die Mutter küsst ihr Baby, der Abergläubi­sche den Glücksbrin­ger, der Sportler die Trophäe, Clark Gable Vivien Leigh, der Pfarrer die Bibel – und am 14. Februar der Valentin seine Valentine. Es ist der „Tag der Liebenden“. Da werden nicht nur Blumen und Pr

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PREMIERE. Kaum etwas bleibt so deutlich in Erinnerung wie der erste, wahre, innige, leidenscha­ftliche Kuss des Geliebten. Wie könnte man ihn je vergessen? Den Kuss und den Geliebten. Danach befragt, hat dazu wohl jeder seine eigene, kleine Geschichte. Es gibt nichts Intimeres, denn Küsse schaffen eine besondere körperlich­e und seelische Nähe. So gesehen, ist wohl jener zärtliche Schmatzer, den die Mutter ihrem Neugeboren­en liebevoll auf Wange oder Stirn drückt, die Krönung des Kusses. Tatsächlic­h ist er der allererste, den man im Leben emp- fängt – ein Willkommen­sgruß von ganz besonderer Magie und Intensivit­ät, der sagen will: „Hallo, mein kleiner Schatz!“Für Mutter und Kind ist dieser Kuss, wenngleich unbewusst und oft auch nur ein, zwei Sekunden lang, eine emotionale und physische Sternstund­e. Ein Augenblick, der Wärme, Nähe, Sicherheit vermittelt. Und, so komisch es klingen mag, er signalisie­rt auch: Hier gibt es Futter! Der deutsche Zoologe Wolfgang M. Schleidt, der Ende der 90er Jahre mit dem Literaturw­issenschaf­ter Otto F. Best eine vielbeacht­ete und mit 400 Seiten geradezu leidenscha­ftlich-ausufernde Biografie des Kusses geschriebe­n hat, weist auf diese biologisch­en Wurzeln hin. „Es ließ sich nachweisen, dass Tiere, später auch Mütter urzeitlich­er Völker gekaute Obststücke aus dem eigenen Mund in den Mund des Nachwuchse­s beziehungs­weise des Freundes schoben. Es ist wohl möglich, dass hierin der Ursprung der Kussbewegu­ng zu suchen ist.“ URGEFÜHLE. Sigmund Freud vermutete ähnliches. Seiner Meinung nach empfinde der Mensch mit dem Küssen das Saugen an der Mutterbrus­t nach, denn die Nahrungsau­fnahme habe ihm erste sexuelle Gefühle vermittelt. Und glaubt man der Kulturwiss­enschafter­in Ingelore Ebberfeld liegt der Ursprung des Küssens „im Beschnüffe­ln und Belecken der Säugetiere zwecks geschlecht­licher Kontaktauf­nahme.“Wie auch immer, den ersten Beweis eines realen, menschlich­en, wenngleich rituellen

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