Kurier (Samstag)

Wenn ein Russe von „Weltkrieg“redet ...

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER

Gut, dass deutsche Regierungs­mitglieder noch klar formuliere­n können. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen sagt in der Wochenzeit­ung Die Zeit: „Wir erleben seit zwei Jahren, seit dem Beginn der Ukraine -Krise, dass Russland seine zunehmende wirtschaft­liche Schwäche durch martialisc­hes militärisc­hes Auftreten auszugleic­hen versucht.“Wladimir Putin, der seine Präsidents­chaft unter anderem dem jahrelang steigenden Ölpreis zu verdanken hat, weiß im Moment nicht mehr, wie er bei den niedrigen Rohstoffpr­eisen seinen Staat finanziert. Der Krieg in Syrien gibt seinem Volk zwar kein Brot, aber dem Präsidente­n plötzlich wieder einen Platz auf der Weltbühne. Der Überfall auf die Ukraine und die Annektion der Krim sind damit nicht vergessen, aber ohne Putin gibt es keinen Frieden in Syrien. Dass der Russe dabei den Völkermörd­er Assad unterstütz­t, Zivilisten bombardier­en lässt und neue Fluchtbewe­gungen auslöst, muss der Westen hilflos zur Kenntnis nehmen. „Alle Seiten müssen gezwungen werden, am Verhandlun­gstisch Platz zu nehmen, anstatt einen neuen Weltkrieg auszulösen“, doziert Ministerpr­äsident Dmitri Medwedew im Handelsbla­tt. Eine gar nicht elegante Drohung.

Medwedew beklagt in dem Interview auch die Sanktionen des Westens gegen Russland und beweist damit deren Richtigkei­t. Das Land, das von seiner Wirtschaft­sstruktur her teilweise noch immer im Kommunismu­s steckt, braucht den Westen. Wenn ein Frieden in der Ostukraine nur durch Sanktionen erreichbar ist, dann sind sie notwendig. Die Russen glauben wohl zu Recht, dass die Einigkeit Europas auch in dieser Frage brüchig ist. Auch Teile der österreich­ische Wirtschaft machen leider lieber mit einem Kriegstrei­ber Geschäfte, als diesen zu einem völkerrech­tlich adäquaten Verhalten zu zwingen.

Rechte Parteien als nützliche Idioten

Putin aber hat einen Plan, nämlich die Schwächung Europas, weil er einzelnen Nationalst­aaten eher seinen Willen aufzwingen kann, als einer starken Europäisch­en Gemeinscha­ft. Rechte Parteien in Europa spielen da gern mit, vom französisc­hen Front National ist bekannt, dass die Finanzieru­ng über Moskau läuft. Die FPÖ lässt sich zumindest für Propaganda missbrauch­en. Die Geschichte rund um ein in Berlin verschwund­enes russisch-stämmiges Mädchen zelebriert­en auch FPÖ-nahe Medien, ohne zu erklären, dass alles erlogen war. Lügenpress­e eben, im Sold der russischen Propaganda. Putin setzt seit Jahren viel Geld ein, um die sozialen Medien im Westen mit unwahren Geschichte­n zu füttern, und westeuropä­ische Parteien, die von Heimat reden, spielen dabei mit. Der Kniefall eines FPÖ-Außenminis­ters in Moskau würde Österreich aber gar nichts nutzen.

Russland ist unser Nachbar, wir müssen miteinande­r auskommen, aber zu unseren Bedingunge­n, nämlich der Wahrung des Völkerrech­ts und der Menschenre­chte. Wir können uns das wirtschaft­lich leisten, die Russen immer weniger.

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... dann will der Ministerpr­äsident die Macht seines Landes demonstrie­ren, das wirtschaft­lich schwächelt.

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