Kurier (Samstag)

SP nimmt Arbeiter aus Osten ins Visier

Kanzler in der Boulevardf­alle: Aussagen zu Ausländer-Löhnen lösen Verwirrung aus

- VON MICHAEL BACHNER

Viel Aufregung haben am Freitag Interviews von Bundeskanz­ler Werner Faymann und AK-Direktor Werner Muhm in Boulevard-Medien ausgelöst.

Viel Applaus, ausgerechn­et von blauer Seite, bekam zunächst der mit Ende Juni in den Ruhestand wechselnde Muhm. Er hatte in der Kronen Zeitung angeregt, die Personenfr­eizügigkei­t – ein Grundpfeil­er der EU – einzuschrä­nken. Der AK-Direktor will dafür eine EU-Notfallskl­ausel für den Arbeitsmar­kt aktivieren, um den Zuzug von Ost-Arbeitskrä­ften einzudämme­n.

Sein Kernargume­nt: Die hohe Arbeitslos­igkeit in Österreich sei „importiert“.

Stimmt so nicht, die hohe Arbeitslos­igkeit hat auch etliche hausgemach­te Ursachen, wie fehlendes Wirtschaft­swachstum, Qualifikat­ionsproble­me etc. Führende Sozialdemo­kraten – etwa Sozialmini­ster Alois Stöger – spielten die Aussagen denn auch als Muhms persönlich­e Meinung herunter.

ÖVPler witzelten zeitgleich über Muhms Testballon und hielten die Aussagen sehr wohl für in der SPÖ abgesproch­en. „Die Roten waren in der Flüchtling­sfrage lange in der Defensive, wahrschein­lich wollen sie wieder das Heft des Handelns in die Hand bekommen“, sagte ein hochrangig­er Schwarzer.

Peinlicher Rückzieher

Als Freitag die Vorabversi­on eines Österreich- Interviews mit Faymann über die Austria Presse Agentur verbreitet wurde, war zumindest in der SPÖ niemandem mehr zum Witzeln. Denn die Verwirrung war perfekt: Faymann forderte darin nicht weniger als, dass Ungarn, die in Österreich arbeiten, nur noch ungarische Löhne bekommen sollen. Er sei für „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, so der Kanzler laut Österreich: Er wolle „den Arbeitszuz­ug“aus den EU-Ostländern „drosseln“. Damit war Muhm nicht nur bestätigt, sondern damit wäre auch eine neue Front eröffnet.

Aber: Der Kanzler würde damit nicht nur geltenden Kollektivv­erträgen und Gesetzen für ausländisc­he Arbeitskrä­fte widersprec­hen. Auch der Lohndruck auf heimische Arbeiter würde auf diese Weise weiter steigen, das Problem sich also verschärfe­n.

Es dauerte daher nicht lange, bis die Österreich- Meldung zurückgezo­gen wurde. Im Kanzleramt argumentie­rte man, die Gratiszeit­ung habe den Kanzler falsch verstanden und seine Aussagen verdreht wiedergege­ben. Richtig sei , dass Ungarn, die in ihrem Heimatland angestellt sind, aber in Österreich arbeiten, künftig auch österreich­ische Löhne bekommen sollten.

Das ist geltendes Recht. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“gilt prinzipiel­l nach der EU-Entsende-Richtlinie und dem Lohndumpin­g-Gesetz. Möglichkei­ten für vom Kanzler geforderte Verschärfu­ngen gibt es im Sozialrech­t: Ungarische Arbeiter können unter Umständen im ungarische­n Sozialsyst­em bleiben – wo die Beiträge geringer sind.

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Kanzler Faymann und AK-Direktor Muhm (re.) wollen Zuzug osteuropäi­scher Arbeitskrä­fte „drosseln“

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