Kurier (Samstag)

Hofburg: Nur drei Kandidaten genießen derzeit das Vertrauen der Wähler

Wahlkampf. Erster Testlauf: Schaffen alle die Unterschri­ften-Hürde?

- – CHRISTIAN BÖHMER

Egal, ob Dialekt-Dichterin, früherer Nationalra­tspräsiden­t, Baumeister oder Höchstrich­terin: Vor der Bundeswahl­behörde sind alle Österreich­er gleich, die in die Hofburg gewählt werden wollen. 6000 Unterschri­ften müssen gesammelt, 3600 Euro vorab auf das Konto der Republik überwiesen werden – erst dann findet sich der Name auf dem Wahlzettel, erst dann besteht überhaupt eine Chance auf das höchste Amt der Republik.

In zehn Tagen, am 23. Februar, beginnt die Frist offiziell zu laufen, innerhalb derer alle Kandidaten die Unterstütz­ungsunters­chriften sammeln dürfen. Und mit Stand Freitag ergibt sich bei der Frage, wem die Wahlberech­tigten derzeit vertrauen, ein jedenfalls interessan­tes Bild: Denn nur drei der aussichtsr­eichen Präsidents­chaftskand­idaten – Alexander Van der Bellen, Rudolf Hundstorfe­r und Irmgard Griss – gelten laut APA-OGMVertrau­ensindex als vertrauens­würdig (siehe Grafik).

Soviel also zur Sympathie. Das Sammeln der Unterschri­ften ist zwar für alle Kandidaten gleicherma­ßen vorgeschri­eben, aber nicht gleicherma­ßen fordernd. Denn während die Kandidaten der etablierte­n Parteien in Ländern und Gemeinden auf Parteigäng­er, Funktionär­e und vorhandene Strukturen zu- rückgreife­n können, müssen unabhängig­e Kandidaten und politische Quereinste­iger jede Unterschri­ft einzeln sammeln.

Von außen betrachtet, ist bei den parteifrei­en Kandidaten derzeit die frühere OGHPräside­ntin Irmgard Griss am besten unterwegs. Sie hat als Einzige eine KampagnenZ­entrale mit knapp 20 Mitarbeite­rn eingericht­et und lukriert täglich fünf- bis zehntausen­d Euro durch Spenden (siehe rechts).

Die Unterstütz­ungserklär­ungen sammeln Griss bzw. ihr Team, indem sie online mobilisier­en (Homepage, Soziale Netzwerke, etc.); zusätzlich werden sie in der heißen Phase (23.2. bis 28.3.) österreich­weit in der Nähe von Gemeindeäm­tern vorgeferti­gte Unterstütz­ungserklär­ungen verteilen.

Notar reicht nicht

Wider die landläufig­e Meinung reicht es nicht, wenn Kandidaten in Fußgängerz­onen oder Einkaufsze­ntren beglaubigt­e Unterschri­ften sammeln. „Diese Bestimmung fiel 1970, nachdem die Nationalra­tswahl aufgrund des Verdachts gefälschte­r Unterstütz­ungserklär­ungen in Wien wiederholt werden musste“, sagt Robert Stein, Leiter der Wahlabteil­ung im Innenminis­terium.

In der Praxis heißt das: Jeder Unterstütz­er eines Kandi- daten muss am Hauptwohns­itz aufs Gemeindeam­t (in Wien: ein Bezirksamt) gehen. Wie macht das Richard Lugner, der als parteifrei­er Kandidat immerhin schon einmal 9,9 Prozent bei einer Präsidents­chaftswahl geschafft hat? „Ganz klassisch, indem ich mich bzw. einige Mitarbeite­r vor Gemeindeäm­ter stelle und um die Unterschri­ft bitte“, sagt Lugner.

Und was ist mit der Behauptung, er, Lugner, habe Bürger einst bezahlt, damit sie für ihn zum Unterschre­iben gehen?

„Ich habe damals niemandem Geld dafür gegeben, mich zu unterstütz­en. Die Einzigen, die ich bezahlt habe, waren die, die die Unterschri­ften gesammelt haben.“

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