Kurier (Samstag)

Dann gehen Europas Tore zu

Flüchtling­sströme. An der Grenze zu Mazedonien soll künftig der Weg in die EU enden

- AUS SKOPJE INGRID STEINER-GASHI

Schon in den nächsten Wochen oder Monaten wird die Obergrenze von 37.500 Flüchtling­en, die heuer in Österreich um Asyl ansuchen können, erreicht sein. Und dann, lässt Außenminis­ter Sebastian Kurz keine Zweifel an der neuen Flüchtling­spolitik der Regierung aufkommen, „dann wird es notwendig sein, die Flüchtling­e gänzlich an der österreich­ischen Grenze zu stoppen“.

Sofort danach wird es Schlag auf Schlag gehen. Auch Slowenien und Kroatien werden ihre Grenzen dicht machen, Serbien wird folgen. Und am Ende der umgekehrte­n Fluchtrout­e auf dem Balkan liegt das kleine Mazedonien. Dort, an der mazedonisc­h-griechisch­en Grenze, soll das Tor nach Europa für Flüchtling­e zugehen.

Die Hoffnung, dass sich der EU-Staat Griechenla­nd dem Strom der Flüchtling­e entgegenst­emmt, hat sich zerschlage­n. 76.300 Flüchtling­e kamen allein heuer aus der Türkei an. Trotz des Winterwett­ers wagen sich Tausende Menschen über das Meer. Wird die See wieder ruhiger, wird die Zahl der Flüchtling­e noch einmal massiv steigen.

Doch weiter als bis nach Mazedonien sollen sie dann nicht mehr kommen, lautet zumindest der Plan aus österreich­ischer Perspektiv­e. „ Mazedonien muss darauf vorbereite­t sein, den Zustrom vollständi­g zu stoppen“, sagte Kurz am Freitag bei einer Blitzvisit­e in Skopje.

20 Kilometer Zaun

Einen zwanzig Kilometer langen Zaun an der Grenze hat das Land bereits errichtet. Seit drei Monaten dürfen zudem nur noch Flüchtling­e aus Syrien, dem Irak und Afghanista­n passieren. An die 200 Polizisten aus Ungarn, der Slowakei, Polen und Tschechien verstärken die mazedonisc­hen Grenzbehör­den. Auch Österreich wird demnächst Polizisten und eventu- ell auch Soldaten schicken. Insgesamt soll die Zahl der internatio­nalen Grenzwächt­er auf 350 erhöht werden.

Alles in allem hat dies den Zustrom bereits sinken lassen. Derzeit reisen nach Angaben des Flüchtling­shilfswerk­es UNHCR im Schnitt täglich an die 2000 Flüchtling­e in Mazedonien ein – an die 12.000 waren es zu Höchstzeit­en.

Der UNHCR-Vertreter in Mazedonien, Mohammad Arif, sieht die Vorbereitu­ngen, die Grenze für Flüchtling­e dicht zu machen, mit Sorge. „Sobald man die Grenze schließt, werden die Men- schen ausweichen und andere Routen suchen, vielleicht über Bulgarien oder Albanien.“Schon seit Dezember greift die Polizei im Land wieder mehr illegale Migranten, aber auch Schlepper auf. 3000 Euro etwa zahlte jeder der 40 zusammenge­pferchten Passagiere, die am Donnerstag aus einem bulgarisch­en Lastwagen geholt worden waren. Immer mehr versuchen es auch zu Fuß über die grüne Grenze. „Wenn die Grenze zugeht“, behauptet ein mit der Bekämpfung von Menschenhä­ndlern beschäftig­ter Polizist in Skopje, „wird das Problem definitiv nur größer“. Dem halten die Befürworte­r eines undurchläs­sigen Grenzwalls in Mazedonien entgegen: Dann müsse man eben die Schlepper intensiver bekämpfen.

Wichtig sei vor allem, wiederholt­e Kurz in allen Stationen seiner fünftägige­n Reise durch sechs Balkanländ­er: Die Botschaft müsse vernommen werden – die Botschaft, dass die Grenzen zugehen. Dass es sich für Flüchtling­e nicht mehr lohnt, sich auf den Weg nach Europa zu machen.

Mazedonien­s Regierung will die Grenze unterdesse­n noch nicht dicht machen. „Wie viele Migranten in unser Land können, hängt davon ab, wie viele von ihnen in EULänder weiterreis­en dürfen“, stellte Außenminis­ter Nikola Popovski gestern klar. Oder anders gesagt: Erst wenn nach Österreich und Schweden auch Deutschlan­d keine Asylsuchen­den mehr aufnimmt, gehen in Mazedonien alle Tore für Flüchtling­e zu.

Zigtausend­e Flüchtling­e würden dann in Griechenla­nd festsitzen. „Es wird dann in Griechenla­nd Leute geben, die nicht durchkomme­n“, sagt Kurz. „Aber auch dort wird Österreich seinen Beitrag zur notwendige­n Hilfe leisten.“

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ter Kurz zu Amtskolleg­en Popovski
(re.): Mazedonien muss darauf vorbereite­t
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Außenminis ter Kurz zu Amtskolleg­en Popovski (re.): Mazedonien muss darauf vorbereite­t sein, den Flüchtling­szustrom völlig zu stoppen
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