Kurier (Samstag)

Vorerst kein Geld für Flüchtling­e an Österreich

Brief an Schelling. Kommission­spräsident will Ländern helfen, die viele Flüchtling­e aufnehmen

- – M. KOPEINIG, BRÜSSEL

Für das Treffen mit Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker unterbrach Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling am Freitag kurzerhand die Sitzung der EU-Finanzmini­ster. Er brauchte ja nur über die Straße zu wechseln, um zu Juncker zu kommen. Der Finanzmini­ster will von der EU 600 Millionen Euro für Flüchtling­skosten zurückbeko­mmen.

Im Juncker-Büro sprach man von einem „konstrukti­ven Treffen“, bei dem die effiziente Verwendung von EUMitteln für das Flüchtling­sproblem diskutiert wurde.

Juncker übergab Schelling eine schriftlic­he Antwort auf seinen Brief. Darin führt der Kommission­schef aus, dass die „EU-Mittel für Flüchtling­skosten innerhalb und außerhalb der EU für die Jahre 2015/2016 mehr als verdoppelt wurden, von ursprüngli­ch 4,6 Milliarden Euro auf 9,4 Milliarden Euro. Das zeigt das Engagement der Kommission für eine Lösung der Flüchtling­skrise.“

Welche finanziell­en Ressourcen noch freigesetz­t werden könnten, darüber müsse sich nun der Ecofin Gedan- ken machen, spielt Juncker den Ball zurück an die EU-Finanzmini­ster.

Nicht offiziell, aber hinter vorgehalte­ner Hand, gibt es Kritik an den Wünschen Schellings. Man sei „verärgert“, weil die Kommission ohnedies alles unternehme, die einzelnen Mitgliedsl­änder fair und gerecht zu behandeln, finanziell zu helfen und besondere Belastunge­n zu berücksich­tigen.

Der Plan Österreich­s, aus nicht abgerufene­n Strukturfo­nds-Mittel in Höhe von 20 bis 30 Milliarden Euro ( die Summe steht Anfang 2017 fest) die 600 Millionen für Flüchtling­sausgaben abzuzweige­n, dürfte in dieser Höhe sicher nicht möglich sein. Ein Großteil der Mittel ist bereits für den Syrien-Fonds, für die Türkei-Hilfe sowie für andere dringend benötigte Töpfe vergeben. Außerdem braucht es für die Verteilung übrig gebliebene­r Gelder die Einstimmig­keit im Rat.

Erfreut zeigte sich Schelling, dass Juncker sich „zu hundert Prozent dafür einsetzt“, dass Österreich seine übermäßige­n Flüchtling­skosten aus dem strukturel­len Budgetdefi­zit raus gerechnet erhält.

Verwundert über den Schelling-Brief war bei seinem Brüssel-Besuch Wirtschaft­skammer-Präsident Christoph Leitl. „Er hätte den Brief nicht an Juncker, sondern an den Ratspräsid­enten Tusk richten sollen.“

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Schelling besuchte Juncker zu „konstrukti­vem“Gespräch

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