Kurier (Samstag)

„Bankensyst­em noch gefährlich­er“

Misstrauen.

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KURIER: Warum werden die Banken derzeit so abgestraft? Hans-Peter Burghof: Wir haben die Banken sicherer gemacht, aber ihre Ertragsmög­lichkeiten massiv beschnitte­n und ein Regulierun­gssystem erzeugt, das gewaltige Lasten produziert. Dazu ist jetzt klar, dass die EZB bei den Niedrigzin­sen verharrt, was für die Banken dauerhaft niedrige Erträge bedeutet. Gefährden die Verluste an den Börsen die Geschäftsf­ähigkeit?

Zunächst gibt es da keine Rückwirkun­g, aber die Aktienkurs­e nehmen ein längerfris­tig tiefes Tal vorweg. Je länger die Niedrigzin­sphase andauert, desto gefährlich­er wird der Schock sein, wenn die EZB die Zinsen in vier, fünf Jahren erhöht. Das wird viele Banken ins Schwimmen bringen. Die Vermutung liegt nahe, dass es die eine oder andere dann nicht schafft. Kunden nehmen den Banken Jobabbau und Filialschl­ießungen übel, Investoren erwarten aber 10 bis 12 Prozent Eigenkapit­alrendite. Was ist realistisc­h?

Weniger. Es gibt nur zwei Wege zu höheren Gewinnen. Entweder wir beschränke­n den Wettbewerb, was wir nicht wollen, weil die Kunden die Kosten tragen müssten. Oder wir lassen den Banken durch maßvollere Regulierun­g mehr Spielraum. Warum nicht Auslese durch den Markt: Die guten Banken überleben, die schlechten sperren zu?

Diese Konsolidie­rung wäre nicht betriebswi­rtschaftli­ch, sondern durch die Regulierun­g erzwungen. Das läuft schon. Wir zerstören die kleineren Institute, die uns gar keine Sorgen gemacht haben, und schaffen ein noch gefährlich­eres Bankensyst­em. Das kann es ja auch nicht sein. In Deutschlan­d denken viele Sparkassen und Volksbanke­n über Fusionen nach. Was Blödsinn ist, denn sie ha- ben ihre optimale Größe in der lokalen Verankerun­g. Muss man sich wirklich Sorgen um die Deutsche Bank machen?

Ich glaube nicht, dass sie Zahlungspr­obleme hat. Aber jetzt zeigt sich, wie zweischnei­dig CoCo-Bonds (contingent convertibl­e, Zwangswand­elanleihen, Anm.) sind. Diese recht hoch verzinsten Papiere sollten Sicherheit bringen, weil Anleger notfalls auf Zinszahlun­gen verzichten oder Verluste der Banken mittragen müssen. Jetzt sieht man, dass sie zur Beunruhigu­ng beitragen. Und: Wenn Aktionäre keine Dividende kriegen, warum sollen CoCo-Anleger sechs Prozent erhalten? Warum wird die Deutsche Bank so besonders kritisch beäugt?

Erstens konnte sie ihre Identität nicht hinreichen­d erklären: Soll sie eine internatio­nale Investment­bank sein oder ein deutscher Unternehme­nsfinanzie­rer? Zudem sind die Altlasten und Prozessris­iken erheblich: Das US-Rechtssyst­em ist Wild West auf Modern. Nicht, dass die Deutsche Bank zu Unrecht bestraft würde, aber die Kosten sind überhaupt nicht kalkulierb­ar.

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Hans-Peter Burghof lehrt an der Uni Hohenheim Bankwirtsc­haft

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