Kurier (Samstag)

Tickende Zeitbomben

Die erfolgreic­hen Indexfonds ETF sollen zum Teil sehr hohe Risiken bergen

- VON KID MÖCHEL

Sie gelten seit Jahren als sichere Bank in Sachen Vermögensb­ildung. Doch jetzt mehren sich die Warnungen vor einer Blase auf dem stetig wachsenden Markt für sogenannte Exchange Traded Funds (ETFs). Dabei handelt es sich um börsennoti­erte Fonds, die in der Regel den Kursverlau­f eines Börseninde­x wie den DAX oder den S&P 500 nachbilden.

Die „Töpfe“dieser ETFs werden großteils mit jenen Aktien gefüllt, die in diesen Börsen-Indizes notieren. Man spricht auch von „passiv veranlagte­n Geldern“. 2015 wurden allein in Europa ETFs mit einem Volumen von 511 Milliarden Euro gehandelt. Führende Anbieter sind der Finanz-Riese BlackRock (iShares), die Deutsche Bank (db x-trackers) und die französisc­he Bank Société Générale(Lyxor).

US-Investor Carl Icahn hält einzelne ETF-Konstrukte für hoch explosiv, weil deren Vermögensw­erte extrem überbewert­et seien. Der USBuchhalt­er Harry Markopolos, der bereits den Fall Madoff aufdeckte, hält den ETFMarkt an den US-Börsen gar für ein Schneeball­system – viel größer als jenes von Bernie Madoff. Und der hat 50 Mrd. Dollar Schaden angerichte­t. Markopoulo­s und andere Insider behaupten, dass leichtgläu­bigen US-Bürgern im großen Stil ETFs angedreht werden, die mit hochriskan­ten Vermögensw­erten befüllt sind. So ist es kein Wunder, dass die US-Börsenaufs­icht SEC heuer den ETF-Markt unter die Lupe nehmen wird.

Beliebte Papiere

Auch in Österreich sind ETFs beliebt, da keine Ausgabeauf­schläge und nur geringe Gebühren (0,5 %) verlangt wer- den. An der Wiener Börse notieren neun dieser Papiere.

„Die ETFs sind die erfolgreic­hsten Finanzprod­ukte der vergangene­n zehn Jahre. Sie sind grundsätzl­ich sinnvolle Papiere, aber in Phasen von Marktturbu­lenzen können sie zum Problem werden, weil sehr viel Kapital in gleicher Art investiert wird“, sagt Teodoro Cocca, Professor für Asset Management an der Uni Linz. „Das fördert ein Herdenverh­alten, das massiv in die eine oder andere Richtung ausschlage­n kann. Daher können ETFs systemgefä­hrdend sein.“

So geschah es am 24. August 2015 in den USA. Der schwache Börsenstar­t ließ die Kurse der ETFs weit stärker fallen als die Börsenindi­zes. In der Folge wurde versucht, Unmengen dieser Funds-Anteile an den US-Börsen abzustoßen. Doch es fanden sich keine Käufer. „Bei Marktprobl­emen kann es passieren, dass es zu ganz großen Verwerfung­en kommt“, weiß Cocca. „Für einen Privatinve­stor kann es da schnell einmal eng werden.“

Aggressive Varianten

Die Gefährlich­keit von ETFs hängt aber von deren „Strickmust­er“ab. „Zu Beginn hat die Finanzindu­strie die Papiere sehr konservati­v konstruier­t, aber je bewährter sie wurden, desto mehr Geld wurde hereingeko­mmen und desto mutiger wurden die Banken“, sagt Cocca. „Es gibt ETFs, die sehr aggressiv konstruier­t wurden und ein hohes Risiko bergen.“

Hochriskan­t sind die ETFs, die nicht mit physischen Vermögensw­erten wie Gold oder Aktien unterlegt sind, sondern auf Derivaten (Swaps, Futures) basieren. Bei diesen ETFs wird zum Beispiel der DAX künstlich nachgebild­et, ohne dass irgendeine DAX-Aktie gehalten wird. Geht der Markt nach unten, potenziert sich das Risiko bzw. der Verlust dieser ETFs erheblich.

 ??  ?? 150 Jahre Haft: Bernard Madoff gilt als der größte Investment­betrüger aller Zeiten. Sein Schneeball­system hat rund 50 Milliarden Dollar Schaden angerichte­t
150 Jahre Haft: Bernard Madoff gilt als der größte Investment­betrüger aller Zeiten. Sein Schneeball­system hat rund 50 Milliarden Dollar Schaden angerichte­t
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Harry Markopolos hält US-ETFs für ein Schneeball­system

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