Der jüngste Cyberspion der Welt
Der zehnjährige Reuben Paul lehrt Kindern und Erwachsenen den sicheren Umgang mit Technik
„Unterschätzt Eure Kinder nicht!“Als der schmächtige Bub vergangenen Montag die Bühne erklimmt, um vor 300 geladenen Sicherheitsexperten eine Rede über Cyberattacken zu halten, geht ein Raunen durch die Menge. Der vom Antivirenhersteller Kaspersky organisierte „Security Analyst Summit“auf Teneriffa ist bereits die 14. Konferenz, auf welcher der zehnjährige Reuben Paul als Sprecher eingeladen wurde.
Hacker-Lehrstunde
Auf der Bühne demonstriert Reuben live, wie das Verändern einiger Programmcodes ein harmloses Handy-Spiel zu einem Spionagewerkzeug umfunktioniert. Eine professionell aufbereitete Webseite wirbt für die App. Ist diese einmal installiert, hat Reuben Zugriff auf Handy-Kamera und -Mikrofon des Opfers und kann so persönliche Informationen abgreifen. Auch eingetippte Passwörter können mitgelesen werden.
Mit der Demonstration, wie kinderleicht das Hacken eines Handys ist, will das Technik-Wunderkind aus dem US-Bundesstaat Texas auf die Sicherheitsgefahren im Internet aufmerksam ma- chen. Gemeinsam mit seinen aus Indien in die USA eingewanderten Eltern gründete er den Verein „CyberShaolin“, über den Lern-Apps und Kurse für Schüler angeboten werden. Darüber hinaus fungiert er als Chef seiner eigenen Software-Firma, für die er mithilfe seines Vaters einige Spiele programmiert hat.
Begonnen hatte alles vor vier Jahren, als der damals sechsjährige Reuben stolz in der Schule verkündete: „Ich möchte ein Cyber-Spion werden.“Sein Vater Mano Paul – selbst im Bereich Cyber-Sicherheit tätig – erkannte das Talent seines Sohnes, als dieser echtes Interesse am Programmieren zeigte und Fachbegriffe verwendete, mit denen selbst Erwachsene im Normalfall nichts anfangen können. „Kinder wachsen von Anfang an mit Technik auf undkennensich oft besser als ihre Eltern aus. Leider lernt man in der Schule praktisch nichts über moderne Technik sowie mögliche Gefahren“, erklärt Reuben im KURIER-Interview.
Die größte Schwachstelle sei nämlich nicht die Technik, sondern dass Leute fahrlässig damit umgehen. Nicht auf irgendwelche Links kli- cken, achtlos Programme installieren oder persönliche Informationen herausgeben, das müssten Kinder lernen. Aber auch Erwachsene sollten viel vorsichtiger sein. „Wenn Sie ein Zehnjähriger nach Ihrem Passwort fragt, sollten Sie vielleicht zwei Mal darüber nachdenken, ob Sie ihm vertrauen“, sagt Reuben verschmitzt. Nach der Hacking-Demonstration auf der Bühne weiß man, wovon er spricht. So selbstbewusst der Viertklässler auf der Bühne auftritt, so schüchtern und bescheiden wirkt er im persönlichen Gespräch. „Ich mag Nudeln, geh gern schwimmen, spiele Xboxund iPad-Games und treffe mich mit Freunden. Mein Hacker-Leben kommt meinem Kinder-Leben kaum in die Quere“, gibt Reuben Einblick in seinen Alltag.
Gute vs. böse Hacker
Dass er von US-Medien als Wunderkind-Hacker bezeichnet wird, stört ihn nicht. „Hacker haben ein schlechtes Image. Dabei helfen und beschützen sie uns, weil sie Schwachstellen aufzeigen – vorausgesetzt sie sind auf der richtigen Seite. Die bösen werden früher oder später ohnehin geschnappt“, ist Reuben überzeugt.
Sein Vater Mano Paul rät Eltern, sich intensiv mit den Technologien von heute zu befassen: „Die Welt, in der die Kinder aufwachsen, ist vielen Erwachsenen fremd. Moderne Technik zu verbieten ist ebenso keine Lösung wie diese als Babysitter-Ersatz einzusetzen. Um Kinder vor Gefahren schützen zu können, müssen Eltern aber zumindest Grundkenntnisse haben.“