Schlittenfahrt der Gefühle
Bob-WM.
Eine WM direkt vor der Haustür, auf der Bahn, auf der alles begann, vor den strahlenden Augen der Familie und den Freunden – kann es für einen Sportler etwas Schöneres geben?
Ein kapitaler Sturz auf der Hausbahn, auf dem Weg zu einer Medaille, vor den entsetzten Augen der Angehörigen – kann es für einen Sportler etwas Bittereres geben?
Lokalmatadorin Christina Hengster erlebte amersten Tag der Bob-WM in Igls eine Schlittenfahrt der Gefühle: Von der Bahn, die sie normal mit traumwandlerischer Sicherheit beherrscht und die sie schon hunderte Male unfallfrei bewältigt hat, wurde sie ausgerechnet beim Saisonhöhepunkt abgeworfen. Ein Fahrfehler im ersten der vier WM-Läufe im Streckenteil Labyrinth – und schon war ihr Zweierbob umge- kippt. So rutschten Hengster und ihre Anschieberin Sanne Dekker die letzten Kurven ins Ziel, und als die beiden schließlich aus dem Schlitten krabbelten, da hatten sie Tränen in den Augen. „Ich habe mir gedacht, ich bin im falschen Film“, sagte Hengster.
Aufholjagd
Für das Duo war das Missgeschick gleich doppelt bitter, denn Hengster und Dekker wären bei ihrer Fahrt richtig rasant unterwegs gewesen. Trotz ihres Sturzes verloren die beiden nur sechs Zehntelsekunden auf die Führenden, im zweiten Lauf kamen die Österreicherinnen dann problemlos ins Ziel und verbesserten sich auch prompt in der Gesamtwertung auf den sechsten Rang. „Zumindest der Lauf war gut.“
Trotzdem dürfte nach dem Unfall im ersten Lauf der Medaillenzug abgefahren sein. Die Österreicherinnen trennt von der Bronzemedaille bereits eine halbe Sekunde. Weit realistischer erscheint da schon ein Podestplatz am Sonntag im Mannschaftsbewerb, in dem die Österreicher (mit Hengster) zu den Medaillenkandidaten zählen.