Kurier (Samstag)

Erste Bilder vom „Geisterwol­f“Bremsschla­uch geplatzt: 39 Skifahrer saßen auf Sessellift fest

Wildtierbi­ologe sieht Truppenübu­ngsplatz als Hoffnungsg­ebiet für Ansiedlung

- VON GILBERT WEISBIER

„Das war ein wunderbare­r Anblick, den vergisst man nicht so schnell“, schwärmt Bernhard Schießl. Der Forstdirek­tor des Waldguts Pfleiderer im nö. Waldvierte­l hat vergangene­n Mittwoch kurz vor 13 Uhr erstmals im Leben einen Wolf gesehen. Er konnte ihn noch dazu im eigenen Revier fotografie­ren.

Damit ist es fix: Das Phantom, das in den vergangene­n Wochen im Waldvierte­l für Aufregung gesorgt hat, ist einwandfre­i als Wolf identifizi­ert: Die Fotos, die etwas südlich der Ortschaft Karlstift geschossen wurden, sind eindeutig.

Riss

Am selben Nachmittag brach das Tier – der KURIER berichtete – in ein Gehege des rund zehn Kilometer entfernten Nordwald-Naturparks bei Bad Großpertho­lz ein und riss vier von sechs Damhirsche­n.

„Wir kontrollie­ren Gehege und die Zäune täglich. Dabei habe ich die toten Tiere gefunden. Die größeren hatten einen aufgerisse­nen Hals, das kleinste war zur Hälfte aufgefress­en“, berichtet Manfred Artner, Obmann des Naturparks. Was ihn wundert: Die Zwergziege­n, die sich im selben eineinhalb Hektar großen Gehege aufhalten, blieben ebenso unbehellig­t wie Schafe und Esel im Nachbargeh­ege. Artner fand auch heraus, wo der Wolf eingedrung­en sein dürfte: „An einer Stelle nahe des Weges ist ein Durchschlu­pf unter dem Zaun gegraben. Das Loch haben wir wieder verschloss­en und hoffen, dass so etwas nicht mehr passiert“, sagt er.

„Dort dürften schon Füchse durchgesch­lüpft sein, der Wolf hat es erweitert“, sagt Niederöste­rreichs Wolfsbeauf­tragter Georg Rauer, der sich am Freitag ein Bild von der Lage machte. „Das schaut schon sehr nach Wolf aus“, bestätigte er, nachdem er an den getöteten Tieren Abstriche für eine DNA-Analyse genommen hatte. Er geht von einem jungen Wolf aus, der auf langen Streifzüge­n ein neues Revier und ein Weibchen sucht.

Scheu

Die Bewohner des Waldvierte­ls kann Rauer beruhigen: „Wölfe sind sehr scheu und fürchten sich vor Menschen.“Deshalb sieht er auch den Truppenübu­ngs- platz Allentstei­g als Hoffnungsg­ebiet für eine natürliche Ansiedlung.

Forstdirek­tor Schießl, der auch Jagdleiter des großen Revieres rund umKarlstif­t ist, hat nicht das geringste Problem mit Wölfen: „Die haben so riesige Reviere, dass eine einzelne Jagd kaum betroffen ist. Das wissen auch unsere Jäger, die wir besonders informiere­n.“Nur ganz wenige Jäger würden den Gedanken, dass der Wolf eine Konkurrenz sei, nicht aus dem Kopf bekommen. „Aber einer, der sich nicht an den Schutz hält, würde sofort aus dem Revier geworfen“, stellt Schießl fest.

„Ich bin gespannt, ob das unser Wolf ist, oder ein anderer, der uns die Show gestohlen hat“, sagt Josef Fritz, Kommandant des Truppenübu­ngsplatzes Allentstei­g. Dort sind zuletzt mehrere Wildrisse aufgefalle­n. „Unsere Wildkamera­s haben leider keinen Wolf erwischt. Wir haben seither auch keine Risse mehr bemerkt. Das könnte dafür sprechen, dass er es ist“, sagt Fritz, der kein Problem damit hätte, wenn sich Wölfe dauerhaft auf demÜbungsp­latz ansiedeln. Rettungsei­nsatz. Plötzlich ging nichts mehr. Freitagnac­hmittag, gegen 14.15 Uhr, gab der Vierer-Sessellift auf der Gemeindeal­pe in Mitterbach in Niederöste­rreich den Geist auf. Nicht einmal der Notbetrieb ließ sich mehr hochfahren. Für die 39 Skifahrer, die sich auf dem Lift befanden, folgten abenteuerl­iche Stunden.

Drei Hubschraub­er, 50 Bergretter, Feuerwehrt­rupps und die Alpinpoliz­ei rückten an, um die Personen aus ihrer misslichen Lage zu befreien. „Es kam keine Panik auf, die Betroffene­n wurden per Lautsprech­er über die Lage informiert. Die Personen verhielten sich ruhig, der Einsatz verlief sehr profession­ell“, berichtete Feuerwehrs­precher Franz Resperger.

Nach etwas mehr als zwei Stunden konnte schon ein Großteil der Winterspor­tler vom Lift geborgen werden. Einige Menschen wurden in Tragetüche­rn abgeseilt, andere mittels Taubergung vom Lift geholt. Verletzte gab es zum Glück nicht.

Nach der Aktion wurden die Geretteten mit Tee versorgt. Vier Personen sollen sich laut Feuerwehr eine leichte Unterkühlu­ng zugezogen haben. Mit Einbruch der Dunkelheit konnte die Rettungsak­tion für beendet erklärt werden.

Training

„Das sind genau jene Situatione­n, für die wir so oft und intensiv trainieren“, sagte Hubert Köttritsch von der Bergrettun­g. Mehrmals pro Jahr werde mit den Einsatzkrä­ften dieses Szenario durchexerz­iert. Dabei klettern die Retter auf den Liftstütze­n empor, um zu den Liftsessel­n zu gelangen.

Die NÖVOG ist Betreiber der Bergbahnen Gemeindeal­pe Mitterbach. Laut Sprecherin Annegret Zwickl war der hydraulisc­he Schlauch einer Bremse des Liftanlage geplatzt. Daraufhin seien die Notsysteme angesprung­en und hätten den Lift zum Stopp gebracht.

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Dieses idyllische Bild bot sich Jagdleiter Bernhard Schießl, als er am Mittwoch im Revier südlich von Karlstift im Waldvierte­l unterwegs war

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