Kurier (Samstag)

Beim Ersticken hat er gern geholfen

Am Rand.

- – P. PISA

Ein bissl anbiedernd ist das. Man hat ja kaum zu lesen begonnen und weiß noch nicht, ob man länger zuhören will, da sagt der Erzähler – der Gerold Ebner – bereits, ich kann seine Wohnungssc­hlüssel aus dem Brief kasten fischen, es ist aufgeräumt daheim.

Er sitzt einstweile­n auf dem Gipfel des Bocksbergs bei Hohenems und schreibt seinen Lebenslauf. Ein falscher Schritt, und er würde abstürzen. Allerdings hat er schon einige falsche Schritte gemacht und lebt noch. Noch! Er war immer: „Am Rand“.

Aber bevor man erfährt, was mit dem Kerl los ist, wird man mit seiner Kindheit kon- frontiert, als Sohn einer Südtiroler Prostituie­rten in Tirol, als „Hurenkind“– das Schimpfwor­t hat er nicht als solches empfunden, sondern als korrekte Bezeichnun­g. (So ein Trottel.)

Man wird seine Freunde kennenlern­en, die Gefahr liebten, auf einem Kran ihren Mut zeigten und in die Tiefe kackten. Lustig: Einer der Kameraden war der Hans Platzgumme­r (mit zwei „m“), ein besessener Musiker. Damit schreibt sich der „Am Rand“Autor Hans Platzgumer (mit einem „m“) deutlich ins Buch hinein ...

Glück? Unglück?

Und dann, endlich, ist man dort, wo die Geschichte des bei Bregenz lebenden Musikers und Schriftste­llers Platzgumer hin will: Es sterben die Leut – der Großvater, ein Jugendfreu­nd.

Gerold Ebner hat nachgeholf­en bei deren Erstickung­stod. Waren ja sehr krank, die beiden. Also ist er kein Mör- der, sondern hat agiert, um Glück zu bringen, irgendwie, oder was? Und am Ende bringt ihm etwas anderes Glück, indem „es“tötet – oder ist es dann, weil’s ihn direkt betrifft, ein Unglück?

Alles wird verschwind­en wie der weiße Titel auf dem hellblauen Buchcover.

Das letzte Drittel hat gepackt, gebeutelt und nicht mehr losgelasse­n. Hätte diese Atmosphäre von Beginn an geherrscht, man hätte mit dem Loben nicht aufhören können. In Platzgumer­s apokalypti­schem Roman „Der Elefantenf­uß“(Limbus Verlag) über Tschernoby­l gelang das ab Seite eins: Es strahlte.

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Gitarrist, Schriftste­ller
Multitalen­t, geboren 1969 in Innsbruck: Hans Platzgumer (ein „m“) ist Komponist, Gitarrist, Schriftste­ller
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