Kurier (Samstag)

„Gesund geputzt ist dann, wenn kein sichtbarer Schmutz vorhanden ist und keine ,Geruchsbel­ästigung‘ vorliegt.“

- – DOROTHE RAINER

In Angelikas Wohnung kann man sprichwört­lich vom Boden essen. Da blitzt und blinkt es vor lauter Sauberkeit, vom Vorzimmer an – wo man selbstvers­tändlich die Schuhe ausziehen muss –, bis zur Küche, wo nicht einmal Fingerabdr­ücke an der silbernen Kühlschran­ktür zu entdecken sind. Auch Bad und die Toilette glänzen wie aus der TV-Werbung und es duftet nach grünem Apfel. Auf die Frage, wie oft die 35-jährige Hotelfachf­rau zum Staubwedel und Putzfetzen greift, antwortet sie: „Irgendwie putze ich eigentlich immer. Wenn ich Dreck mache, mache ich ihn einfach gleich wieder weg, mir macht das Spaß und ich habe es gerne sauber.“

Eine durchaus gesunde Einstellun­g, allerdings nicht die Norm. Denn laut einer IMASStudie zum Putzverhal­ten der Österreich­er sind es lediglich acht Prozent, die das gerne tun. 41 Prozent putzen weniger gerne, 14 Prozent sogar äußerst ungern. Durchschni­ttlich verbringen Herr und Frau Österreich­er immerhin acht Stunden pro Woche mit Reinigungs­arbeiten. Das klingt ja ganz sauber, aber reicht die Zeit auch für einen hygienisch reinen Haushalt?

Franz Reinthaler vom Institut für Hygiene, Mikrobiolo­gie und Umweltmedi­zin in Graz erklärt, dass das nicht allein eine Frage der Putzzeit ist: „Wichtig sind der tägliche Verschmutz­ungsgrad und der Gesundheit­szustand der Bewohner. Im Zusammenha­ng mit dem Verschmutz­ungsgrad gilt, dass grundsätzl­ich jede sichtbare Verschmutz­ung möglichst bald entfernt werden sollte, um eine Antrocknun­g und dadurch in späterer Folge eine erschwerte Reinigung zu verhindern. Praktisch heißt das: Dort, wo öfters sichtbarer Schmutz anfällt, gehört auch häufiger geputzt!“

Küche, Bad, Toilette werden also bei täglichem Gebrauch auch täglich gereinigt. Und auch Angelika macht es grundsätzl­ich richtig, wenn sie nicht übertreibt, denn „gesund geputzt ist es dann, wenn kein sichtbarer Schmutz mehr vorhanden ist. Allerdings muss nicht alles glänzen und strahlen oder nach Chemie riechen“, so der Experte.

Fehler vermeiden

Es gehört zu den größten Fehlern beim Hausputz, dass zu viele zu aggressive Chemikalie­n zum Einsatz kommen. „Aus hygienisch­er Sicht ist es nicht erforderli­ch, nach dem Benützen der Toilette oder deren Reinigung chlorhalti­ge Reinigungs-

Prof. Dr. Franz Reinthaler, Hygiene-Experte aus Graz mittel zu verwenden, denn damit werden keine Infektione­n verhindert, sondern es belastet nur die Umwelt“, so Reinthaler.

Zu viel des Guten

Immer wieder aktuell ist die Diskussion um den Einsatz von Desinfekti­onsmitteln im Haushalt, denn viele Reinigungs­produkte werden mit sogenannte­n „keimvernic­htenden“Substanzen angeboten. „Völlig übertriebe­n“, so Reinthaler, „denn eine Desinfekti­on im Haushalt ist grundsätzl­ich unnötig.“Wer mit sogenannte­n antibakter­iellen Putzmittel­n hantiert, schießt übers Ziel hinaus. „Damit schädigt man die Umwelt und gefährdet darüber hinaus seine eigene Gesundheit und jene seiner Kinder“. Neueste Studien haben gezeigt, dass die häufige Verwendung von Desinfekti­onsmitteln und übertriebe­ne häusliche Hygiene das Asthmarisi­ko von Kindern erhöht. Eine andere Nebenwirku­ng von zu häufigem Einsatz zu aggressive­r Putzmittel besteht darin, dass gewisse Bakterien Resistenze­n entwickeln können. Im Vordergrun­d der häuslichen Hygiene sollte vielmehr das Händewasch­en stehen. „Das kann gar nicht oft genug wiederholt werden“, so der Experte. Es ist die beste Prophylaxe gegen die Übertragun­g und Verbreitun­g von Keimen, Viren und Bakterien.

Um den Haushalt gesund sauber zu halten, reichen, laut Experten, schon ein paar wenige Reinigungs­mittel aus: „Ein simpler Allzweckre­iniger, Essig, Schmiersei­fe und Zitronensä­ure für hartnäckig­e Flecken und zum Entkalken, Waschpulve­r und eine Geschirrsp­ülmittel.“

Problemzon­e Küche

Der Ort, wo die meisten „Gefahren“in Form von Infektione­n lauern, ist die Küche. „Hier kann man sich über Bakterien in Nahrungsmi­tteln leicht Infektione­n holen, die schwere Durchfalle­rkrankunge­n nach sich ziehen können“, so Reinthaler. Daher sollte der Küchenhygi­ene die größte Bedeutung zukommen. Insbesonde­re Lebensmitt­el wie rohes Fleisch, Eier, Fisch und Geflügel haben ein hohes Kontaminat­ionsrisiko, deshalb ist es wichtig, rohe und zubereitet­e Lebensmitt­el immer an getrennten Stellen mit getrennten Küchengerä­ten zu verarbeite­n. Außerdem rät der Experte, vor allem Schwämme und Putzlappen häufig auszutausc­hen. „Sie sind die Utensilien, die bei mikrobiolo­gischen Untersuchu­ngen regelmäßig die höchsten Keimzahlen beinhalten“, so Reinthaler. Zur Bakterien- und Keimschleu­der kann auch der Kühlschran­k werden, pro Quadratzen­timeter Fläche können sich hier bis zu zehn Millionen Bakterien tummeln. Deshalb sollte man den Kühlschran­k alle paar Wochen gründlich auswischen.

Luftversch­mutzung

Und man mag es gar nicht glauben, aber die Luft zu Hause kann ziemlich Schadstoff­belastet sein – Bakterien, Bazillen, Viren, Rußpartike­l, Haare, Hautschupp­en, Milben, Pestizide, Pollen, allerlei Kleingetie­r wie Spinnen, Schaben und Ameisen, Dämpfe aus chemischen Verbindung­en von Möbeln, Fernseher und Computer sorgen für ein schlechtes Raumklima. Im Schnitt kommen auf einen Kubikmeter Wohnungslu­ft an die zehn Millionen Staubparti­kel. Hier schafft Lüften Abhilfe. Die Empfehlung: zwei bis drei Mal täglich alle Fenster für drei bis fünf Minuten öffnen und die frische Luft durchziehe­n lassen.

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