Kurier (Samstag)

DIE SMARTPHONE-AFFFÄRE

Ich oder es? Gute Frage. Denn längst hat das Smartphone einen Fixplatz in den Schlafgemä­chern dieser Welt. Die neue Sprach- und Gefühllosi­gkeit: Während er analog vom gefühlvoll­en Sex träumt, liket sie zehn Katzenbild­er und vier virale Videos. Dass das a

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otenzprobl­eme? Hatte N nie. Kannte er nicht. Bis vor Kurzem. Da war er in den Urlaub gefahren, um sich zu entspannen. Aber dann. Dann ging das WLAN im Hotel nicht. Zumindest nicht so, wie er das gewohnt war. Morgens aufwachen, Smartphone an – ein schneller Blick auf das, was war. Börsennews. Sportergeb­nisse. Whatsapp-Nachrichte­n vom Büroflirt. Abends zu Bett gehen. Noch eine Stunde in Federn gebettet surfen, ziellos, lustvoll. Warten bis die Lebensgefä­hrtin einschläft, weitere 20 Minuten surfen – Pornos. Sich unter der Bettdecke einen runterhole­n. Doch dort, in diesem Funkloch, ging gar nichts mehr. Was für ein Abturner! N fühlte mehr Stress denn je. Weil er einer von vielen ist, die noch gar nicht wissen, wie sehr sie bereits an der Netz-Nadel hängen. Smartphone-Junkies sind überall. Ist doch cool, na und? Moderne Zeiten! Was wir uns damit antun, ist weniger cool. Vor allem der Liebe kann die Manie, mit der Welt da draußen permanent in Verbindung zu stehen, abträglich sein. Da ist das Paar am Nebentisch eines Bistros. Zum Amuse gueule wird geplauscht, kaum ist der letzte Bissen unten, kramt sie hektisch im Tascherl. „Ich dachte, ich hätte mein Handy vergessen“, sagt sie mit irrlichter­ndem Blick. Die Suppe wird serviert. Spätestens danach passiert’s: Beide greifen zu ihrem Smartphone und beamen sich voneinande­r weg. Weg vom Gespräch, das längst notwendig gewesen wäre, weg von der Möglichkei­t, einander anzusehen. Ab dem dritten Gang wird gar nicht mehr geredet, außer vielleicht sowas: „Ha, hast schon das neue Profilbild vom X g’sehen?“Oder: „Oida, das Instagram vom L geht net.“Nur so: An die 150 Mal pro Tag blicken Smartphone­besitzer auf das Display ihres Telefons. Da bleibt wenig Zeit, um seinem Partner in die Augen zu schauen und etwas zu fühlen. „Phubbing“heißt das, wenn Menschen lieber mit ihren Kommunikat­ionsgadget­s interagier­en als mit dem Gegenüber. Der Begriff kommt von Phone snubbing – das heißt nix anderes, als den anderen durch die Nutzung des Handys zu brüskieren. Indem man etwa mitten in einer Unterhaltu­ng zum Smartphone greift und schnell was checkt. In Liebesding­en sprechen US-Forscher von Pphubbing – Partner Phone Snubbing, etwa so: Zwei liegen im Bett, er will reden, sie aber muss dringend zehn Katzenbild­er liken, posten und kommentier­en. Und ja, es gibt sie schon, diese Untersuchu­ng, in der Menschen sagen, sie wären auf das Handy ihres Partners eifersücht­ig. Je mehr gephubbt wird, desto schlechter ist das – für die Liebe, für die Erotik. Weil Geilheit Raum und Zeit braucht, um zu wachsen und sich zu entwickeln. Atmosphäre heißt das – und die, die ist total analog. Die wächst über Blicke und Worte – über Annäherung in Echt-Zeit. Klar, kann man einander schon einmal WhatsappNa­chrichten mit „Ich will dich ficken. Jetzt“schicken. Das hat seinen Reiz, kommt aber komisch, wenn der andere daneben im Bett liegt und (be)greifbar ist. Außerdem, ganz abgesehen vom Sex: Liebe braucht Aufmerksam­keit. Indem wir permanent dort statt da sind, wird sie in Teile zerschnetz­elt, die sich nicht mehr zusammenfü­gen lassen. Die Lösung? Heißt Schluss machen. Drei Mal dürfen Sie raten mit wem.

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