Kurier (Samstag)

Sechs Gründe für sechs Tiefschläg­e

Rapid wurde in der Europa League von Valencia blamiert. Wie konnte das historisch­e Debakel passieren?

- VON ALEXANDER HUBER

0:6! In Valencia ging mehr als nur ein Satz verloren. Rapid hat sich im Mestalla nicht nur die höchste Niederlage der grün-weißen Europacup-Geschichte abgeholt, sondern auch für die RekordPlei­te der 2009 gegründete­n Europa League gesorgt.

Damit ist die, wie es Trainer Zoran Barisic formuliert­e, „bis zu diesem Tag schöne Reise durch Europa“brutal zu Ende gegangen. Zu den 35.000 verkauften Tickets für das Rückspiel werden nicht mehr viele dazukommen. Es geht noch um die Ehre, die UEFA-Prämie und den fünften Europacup-Startplatz für Österreich in der Saison 2017/’18 – ein Sieg fehlt.

Sportdirek­tor Andreas Müller ist sauer wie noch nie: „Unser Auftritt war so hoffnungsl­os naiv, dass es fahrlässig war.“Der Deutsche rechnet mit richtungsw­eisen- den Wochen: „So, wie wir jetzt reagieren, kann das die Meistersch­aft entscheide­n.“

Schon morgen wartet Sturm. In Graz werden Kainz und Hofmann fehlen. Die Verletzung des Kapitäns, die zur Auswechslu­ng vor dem Pausenpfif­f führte, stellte sich als Wadenprell­ung heraus. Kainz erlitt ebenfalls in der ersten Hälfte bei einem Zusammenst­oß eine Gehirnersc­hütterung und hat Erinnerung­slücken. Das Debakel war für den Teamspiele­r also wortwörtli­ch ein Spiel zum Vergessen.

Auch wenn die Zeit zur Aufarbeitu­ng kurz ist, müssen sich die Rapidler nach dieser historisch­en Abfuhr kritische Fragen stellen. Wie konnte das nur passieren? Sechs Gründe für das 0:6: Zweikampfs­chwäche Die Rapidler wollten die Aufgabe spielerisc­h lösen und gingen zu spät oder nicht mit 100 Prozent in die Zweikämpfe. Barisic: „So, wie wir verteidigt haben, geht’s nicht. Und schon gar nicht gegen Valencia.“Formschwäc­he Die im Herbst überragend­e linke Seite hat an Form verloren, und auch das Zentrum mit Petsos und Schwab agiert im Frühjahr wesentlich schwächer. Ein Grund ist sicherlich die Ablenkung durch die Zukunftspl­anung (bei anderen Vereinen), so hat es Stangl auf die Wunschlist­e des Premier-League-Klubs Watford geschafft. Ein anderer ist der wegen der vielen Verletzten lange fehlende Konkurrenz­kampf. Erst in den kommenden Wochen werden die Rekonvales­zenten im Training wieder für Match-Bedingunge­n sorgen. Taktik In der Gruppenpha­se hatten die Trainer den Spielern stets die passende Taktik mitgegeben, um auch nominell stärkere Teams in Schach zu halten. Gegen Valencia gab es bei den sich gleichende­n Spielzügen Überforder­ung. Müller: „Man kann darüber diskutiere­n, ob eine rasche Umstellung noch etwas hätte retten können.“Übermut Rapid ließ sich vom 3:0 im Derby und den mauen Vorstellun­gen Va- lencias täuschen. „Nach dem schnellen 0:1 muss man sich stabilisie­ren. Und nicht wie wir sofort auf das 1:1 drängen“, schimpft Müller. „Die Spieler haben die Gefahr nicht gerochen und wollten weiter mitspielen. Da fehlt uns die Cleverness.“Valencias Renaissanc­e Valencia-Trainer Gary Neville betonte, wie viel sein erster Ligasieg (2:1 gegen Espanyol) just vor dem RapidSpiel verändert habe: „Plötzlich war das Selbstvert­rauen wieder da. Und mit den beiden schnellen Toren kam auch die Fantasie zurück, die so ein Ergebnis ermöglicht. Unsere erste Hälfte war wirklich fantastisc­h.“

„Unser Auftritt

war so hoffnungsl­os naiv,

dass es schon fahrlässig war.“

Andreas Müller Rapid-Sportdirek­tor Chancenver­wertung Rapid spielte diese Saison bereits eine so schlechte erste Hälfte – zu Hause gegen Ajax. Die Niederländ­er führten aber „nur“2:0, weil viele Chancen vergeben wurden und ließen so die Wiener leben. Valencia hat hingegen, anders als in der Liga, bis auf einen Negredo-Kopfball vor der Pause alle guten Chancen genutzt. Müller: „Da sieht man dann die Qualität, für die über 100 Millionen ausgegeben

wurden.“

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Rekordplei­te: „Es wird keinen Knacks geben“, meint Barisic Gezeichnet: Die Rapidler (im Bild Jelic) bekamen sechs Stück und verließen mit hängenden Köpfen das Estadio Mestalla in Valencia
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