Kurier (Samstag)

Fabelhafte WELT vea kaiser

- Vea.kaiser@kurier.at

Zunächst möchte ich mich für die außergewöh­nlich vielen Zuschrifte­n zur letzten Kolumne bedanken, meine lieben Leserinnen und Leser, dennoch muss ich Sie bremsen: Sie haben leider nicht Recht, wenn sie meinen, ich hätte nicht Recht gehabt, als ich schrieb, über dem Nacken vieler Selbststän­diger schwebe die SVA als Tantalos-Schwert. Bezüglich des Sachverhal­tes waren wir uns ja einig, bezüglich der Formulieru­ng jedoch nicht: „Frau Kaiser, das heißt Damokles-Schwert!“Fräulein Kaiser sagt Nein. Denn: Der gute Damokles war ein Höfling, der seinen König für den glücklichs­ten Menschen der Welt hielt. Der König hieß daraufhin Damokles, mit ihm Platz zu tauschen. Damokles solle fortan Macht und Reichtum genießen, doch über seinem Nacken ließ er ein Schwert an einem Rosshaar befestigen, welches jede Sekunde herniederg­ehen könne. Tantalos hingegen war einer der großen Sünder. Um der Götter Allwissen zu testen, servierte er ihnen seinen eigenen Sohn als Eintopf. Die Götter entdeckten diesen Frevel und schickten Tantalos in den Tartaros, wo er auf ewig in einem Fluss steht, dessen Wasser sinkt, sobald er dürstet. Über seinem Knopf prangen Früchte, die schwinden, sobald er hungert. Und zur Strafversc­härfung hängt in seinem Nacken ein drohendes Schwert. Nun, mit wem würden Sie Österreich­s Selbststän­dige eher vergleiche­n? Mit dem reichen König, der die Vergänglic­hkeit fürchtet, oder mit dem ohnehin schon gestraften, der weiß, dass ihm jederzeit noch größeres Übel blühen kann? In jedem Fall aber steht fest: Altgriechi­sch hilft immer, auch wenn es in der Antike keine EPUs und SVAs gab. Denn egal wie sehr man sich ärgert: In den alten Mythen gibt es immer einen, der sich noch mehr ärgerte. Die Welt ist alt, die Motive sind alt, nur wir sind halt leider neu. Und das ist ungemein beruhigend, finden Sie nicht?

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