Kurier (Samstag)

25.000 wollen nach Mazedonien

Flüchtling­srouten. Tagesoberg­renze auch am Balkan / Berlin vor Wende

- – EP, PM, KKS

Die Situation in Griechenla­nd wird immer dramatisch­er. Die Behörden kämpfen damit, die Tausenden Flüchtling­e, die von der Türkei über die Ostägäis auf den griechisch­en Inseln ankommen, in Aufnahmeze­ntren unterzubri­ngen – und sie dort auch zu behalten. Mehr als 25.000 Menschen sollen laut Polizei auf dem Weg zur mazedonisc­hen Grenze sein. Dort, in Idomeni, warteten bereits 5000 Flüchtling­e. Nachdem Mazedonien diese Woche seine Grenzen für Flüchtling­e aus Griechenla­nd gesperrt hatte, kämpft Athen darum, den Zustrom von Menschen in den Griff zu bekommen.

Am Freitag kündigte die Regierung eine neue Maßnahme an: Asylwerber werden vorerst nicht mehr mit Fähren zum Athener Hafen Piräus oder nach Thessaloni­ki gebracht. Der Grund: Die Aufnahmela­ger auf dem Festland seien bereits voll. Der Stopp des Fährentran­sports sei aber nur vorübergeh­end, versichert­e Schifffahr­tsminister Theodoros Dritsas. „Wir können keine unkontroll­ierbaren Zustände auf den Inseln auslösen“, erklärte er im griechisch­en TV.

Grenze geschlosse­n

Allein in dieser Woche sind mehrere Tausend Flüchtling­e auf dem griechisch­en Festland angekommen – viele mit der Absicht, über Mazedonien weiterzure­isen. Nachdem aber Österreich eine Obergrenze für Asylwerber eingeführt hatte, schloss Skopje seine südliche Grenze. Außerdem teilte Slowenien am Freitag mit, dass die Staaten der Balkanrout­e seit Kurzem nur mehr 580 Flüchtling­e täglich durchreise­n lassen. Der gestrige Appell von UNChef Ban Ki-moon an Europa, die Grenzen offen zu lassen, verhallte schier.

Weiter versuchen europäisch­e Staaten – allen voran Deutschlan­d – Druck auf die Türkei auszuüben, den Zustrom von Menschen in Richtung Europäisch­e Union zu bremsen. In den vergangene­n Tagen kamen täglich rund 3000. Dass sich die Türkei bereit erklärt hat, illegale Migranten wieder aufzunehme­n, die von der neuen NATO-Mission in der Ägäis entdeckt werden, wird vor allem als Erfolg Deutschlan­ds gewertet.

Noch kein Umdenken

Dort wird seit Tagen über eine Wende in der Flüchtling­spolitik spekuliert. Nicht zuletzt, seit der deutsche Innenminis­ter Thomas de Maizière beim Innenminis­ter-Rat am Donnerstag sagte, dass es „Maßnahmen“geben werde, wenn bis zum EU-Gipfel am 7. März keine nachhaltig­e Reduktion der Migrations­zahlen illegaler Einwandere­r erreicht ist.

Hintergrun­d ist die schwierige Lage, in der die deutsche Regierung sich be- findet – eine Woche nach dem Gipfel stehen Landtagswa­hlen an; CDU und SPD drohen dabei ein Fiasko zu erleben. Angela Merkel wird deshalb aus den eigenen Reihen massiv bedrängt, neue Signale zu setzen, ihren Kurs zu ändern – die Partei ist ihretwegen gespalten.

Doch Merkel ist nicht willens, „österreich­ische Maßnahmen“zu setzen. Auch Koalitions­partner SPD hat eine Grenzschli­eßung ausgeschlo­ssen. Eine Sperre, so heißt es in CDU-nahen Kreisen, würde es nur ohne die Kanzlerin geben – was derzeit nicht wahrschein­lich ist.

Doch ob ein solcher Schritt überhaupt noch nötig sein wird, ist fraglich. Seit Österreich seinen Alleingang gewagt hat, ist die bayerisch-österreich­ische Grenze verwaist. Das Kanzleramt zeigt sich gegenüber Wien erbost, profitiert aber zeitgleich davon.

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